Die Frühjahrssession 2022 wurde von den traurigen Ereignissen in der Ukraine geprägt: Gleich zu Beginn der Session forderte das Parlament mittels Erklärungen einen sofortigen Waffenstillstand von den Konfliktparteien und unterstützte die vom Bundesrat beschlossene Übernahme der EU-Sanktionen gegen Russland.

Cybersecurity in beiden Räten ein Top-Issue
Im Zuge des Ukraine-Konflikts rückte auch das Thema Sicherheit und damit die Änderungen des Militärgesetzes und der Armeeorganisation in den Fokus. Das Geschäft wurde in der Schlussabstimmung einstimmig verabschiedet. Damit ebnet das Parlament den Weg für die Schaffung eines Cyberkommandos und einer Militärluftfahrtbehörde. Insgesamt verabschiedete das Parlament folgende 16 Vorlagen.

Während der Session wurden zudem die Debatten zum Sicherheitspolitischen Bericht 2021, zum Kreditantrag zur Finanzierung einer sicheren Stromversorgung von Polycom-Sendeanlagen des Bundes sowie zur Änderung des Bundesgesetzes über die militärischen Informationssysteme begonnen.

Der Nationalrat sprach sich als Erstrat für die Motion Beschaffungen von Informations- und Kommunikationstechnologien in der Schweiz zum Schutz der Bevölkerung von Ida Glanzmann-Hunkeler (M-E) aus. Diese fordert, dass Schweizer Produzentinnen bei sicherheitskritischen Beschaffungen gegenüber ausländischen Anbietern bevorzugt werden.

Schliesslich war auch der von digitalswitzerland unterstützte ePower-Sessionsanlass dem Thema Cybersecurity gewidmet. Unter dem Titel «Unabhängigkeit bei grösstmöglicher Cybersicherheit – ein Dilemma?» referierten unter anderen Bundesrat Ueli Maurer sowie der Delegierte für Cybersicherheit Florian Schütz (siehe Rückblick auf den Event).

Anschubfinanzierung für digitale Leuchtturmprojekte – Parlament sieht Handlungsbedarf
Der Ständerat nahm als Erstrat die Motion Digitale Leuchtturmprojekte mit öffentlichem Interesse anschieben von Benedikt Würth (M-E) an. digitalswitzerland unterstützte die Forderung für mehr Anschubfinanzierungen in einem öffentlichen Schreiben an den Ständerat. Die Motion geht nun in den Nationalrat. Hier dürfte sie gute Chancen haben; denn die grosse Kammer stimmte bereits der gleichlautenden Motion von Lars Guggisberg (SVP) zu.

Geschäfte im Ständerat

Modernes Arbeiten
Der Ständerat beschäftigte sich erneut mit Fragen zur Modernisierung des Arbeitsrechts. Die zwei Motionen Homeoffice. Gelebte und akzeptierte Flexibilität legalisieren von Hans Wicki (FDP) und Gesetzliche Grundlagen für Homeoffice schaffen von Daniel Jositsch (SP) wurden abgelehnt oder zurückgezogen und sind damit erledigt. Ein Grund für die Ablehnung sind die laufenden Arbeiten der ständerätlichen Wirtschaftskommission zur parl. Initiative von a. Ständerat Konrad Graber Teilflexibilisierung des Arbeitsgesetzes und Erhalt bewährter Arbeitszeitmodelle.

Besteuerung digitale Wirtschaft – multilateraler Ansatz gefordert
Der Ständerat gab der Standesinitiative aus dem Kanton Jura Internetgiganten sind zu besteuern! nicht Folge (mit 21 zu 16). Die Mehrheit des Rates war der Ansicht, dass es eine multilaterale Lösung braucht und dass die Debatte im Rahmen der laufenden OECD-Steuerreform erfolgen soll. Hierzu läuft derzeit eine Vernehmlassung des Bundes (Frist: 20. April): Bundesbeschluss über eine besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (Umsetzung OECD/G20-Projekts zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft).

Weitere Geschäfte
Ebenfalls abgelehnt wurde die Motion Digitale Vertragsabschlüsse breit ermöglichen. Schaffung einer digitalen Alternative zur eigenhändigen Vertragsunterzeichnung von Daniela Schneeberger (FDP) sowie die parlamentarische Initiative Angemessene Bezüge und Stopp der Lohnexzesse bei den Bundes- und bundesnahen Unternehmen von a. Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer. Beide Geschäfte sind damit erledigt.

Geschäfte im Nationalrat

5G Moratorien sind vom Tisch
Wie bereits der Ständerat hat nun auch der Nationalrat die drei Standesinitiativen aus den Kantonen Genf 20.309, Neuenburg 20.314 und Jura 21.305 abgelehnt, welche Moratorien beim Aufbau des 5G-Millimeterwellen-Netzes forderten. Somit sind diese drei Geschäfte erledigt.

Lex-Booking findet Mehrheit
Als Erstrat hat sich der Nationalrat mit der Anpassung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) befasst. Mit dieser sogenannten «Lex booking» sollen Preisbindungsklauseln in Verträgen zwischen Online-Buchungsplattformen und Beherbergungsbetrieben verboten werden. Der Nationalrat verschärfte die Vorlage des Bundesrates sogar noch und will nun auch Verfügbarkeits- und Konditionenparitätsklauseln verbieten. SVP, FDP und GLP votierten erfolglos gegen die wettbewerbsfeindliche Sonderregelung der Hotelbranche.

Nationalrat will bei E-Health vorwärts machen
Die grosse Kammer sprach sich für die beiden Motionen Digitale Transformation im Gesundheitswesen. Rückstand endlich aufholen! von Erich Ettlin (M-E) und Schaffung eines elektronischen Impfausweises Marcel Dobler (FDP) aus. Während die Motion Ettlin damit angenommen ist und zur Umsetzung an den Bundesrat geht, muss die Motion Dobler noch in den Ständerat.

Neue Geschäfte im Parlament

Bei den neu eröffneten Geschäften fallen die Themen E-Government, E-Health und Cybersecurity auf:

Insgesamt wurden über 30 spannende neue Vorstösse eingereicht (siehe auf politoscope.ch die hellblaue Kategorie «new business» unten links).

Den vollständigen Rückblick auf die Session finden Sie auf der Monitoring-Plattform politoscope.ch. Diese wird exklusiv unseren Mitgliedern zur Verfügung gestellt.

Bei Fragen und für Auskünfte kontaktieren Sie uns unter politics@digitalswitzerland.com.

Andreas W. Kaelin, Deputy Managing Director, Geschäftsstelle Bern