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Partnerschaft mit dem Verein Gesundheitsdatenraum Schweiz
digitalswitzerland arbeitet mit unserem Community Partner, dem Verein Gesundheitsdatenraum Schweiz, zusammen, um die Gesundheitsversorgung in der Schweiz durch die sichere und effektive Nutzung von strukturierten Gesundheitsdaten zu verbessern, wobei der Mensch im Mittelpunkt steht. Im Rahmen einer Expedition in den Gesundheitsdatenraum testen Pionier:innen die aktuelle digitale Schweizer Gesundheitsinfrastruktur, erhalten wertvolle Informationen über ihre Gesundheitsdaten, übernehmen somit die Kontrolle darüber und gestalten den Gesundheitsdatenraum aktiv mit.
Partnerschaft mit Swiss Healthcare Startups
Unser Community Partner Swiss Healthcare Startups unterstützt unsere Initiative Digitale Gesundheit mit Sachleistungen. Wir arbeiten mit SHS an der Digital Health Academy zusammen und fördern die Entwicklung neuer digitaler Gesundheitslösungen in der Schweiz.
Partnerschaft mit DayOne Basel
Unser Community Partner DayOne Basel unterstützt unsere Initiative Digitale Gesundheit mit Sachleistungen. digitalswitzerland arbeitet mit DayOne an deren Health Hack, dem ersten patient:innenorientierten Gesundheitshack, und ist Teil des Konsortiums und des Expert:innenpanels von Digital Health Nations Innobooster.
WEF Breakfast 2022
Das WEF22 Breakfast von digitalswitzerland zum Thema „Digitale Gesundheit“ fand im ETH-Pavillon in Davos statt. 50 Führungskräfte kamen zusammen, um sich über dieses wichtige Thema auszutauschen. Denn die Definition einer gemeinsamen nationalen Vision für eine erfolgreiche Digitalisierung des Gesundheitssystems kann nur mit einem kollaborativen Vorgehen aller Stakeholder im Gesundheitswesen erfolgreich sein. Anne Lévy (Direktorin BAG), Philomena Colatrella (CEO CSS), Dr. Christoph Franz (Verwaltungsratspräsident Roche) und Dr. Conrad E. Müller (Präsident der Stiftung Pro UKBB) nahmen an der Veranstaltung teil.
In Zusammenarbeit mit Swiss Healthcare Startups lancierte digitalswitzerland die Digital Health Academy, ein sechsmonatiges Programm für Scaleups, die die Schweizer Bevölkerung befähigen, ihre Gesundheitsdaten selbst zu nutzen und zu verstehen. Während dieser Zeit werden die Scaleups von Expert:innen in diesem Bereich betreut, nehmen an Workshops teil, sprechen an Veranstaltungen und vieles mehr.
Vernehmlassung zum Elektronischen Patient:innendossier
digitalswitzerland war massgeblich an der Vernehmlassung zum elektronischen Patient:innendossier (EPR) beteiligt. Die digitalswitzerland-Teams Digital Health und Public Affairs mit ihren jeweiligen Komitees haben an einer gemeinsamen Antwort auf die Vernehmlassung gearbeitet, die in Kürze veröffentlicht wird.
Wir haben eine Ökosystemkarte erstellt, um die verschiedenen digitalen Lösungen und Initiativen zu veranschaulichen, die sich auf die Verbesserung der digitalen Gesundheitsversorgung von Patient:innen und die Digitalisierung des Gesundheitssystems in der Schweiz konzentrieren. Wir werden den Inhalt vierteljährlich aktualisieren.
Wir legen grossen Wert auf die Meinung der Bevölkerung. Deshalb haben wir mit unserem Partner gfs zürich eine Bevölkerungsumfrage durchgeführt, mit dem Ziel, die Bedürfnisse und Ängste der Schweizer:innen gegenüber der Digitalisierung des Gesundheitswesens besser zu verstehen. Wir haben eine Studie mit dem Titel „Das digitale Gesundheitssystem aus der Sicht der Bevölkerung“ verfasst und veröffentlicht, um die Ergebnisse der Umfrage dem gesamten Ökosystem vorzustellen.
Die Schweiz ist als eines der innovativsten Länder der Welt anerkannt. Im IMD World Digital Competitiveness (WDC) Ranking 2022 steht die Schweiz an fünfter Stelle (2021: sechster Platz) (IMD World Competitiveness Center, 2022). Die Digitalisierung hat in Schweizer Branchen an Schwung gewonnen, etwa im Bankensektor, der heute fast vollständig digitalisiert ist. Ein Sektor hinkt noch weit hinterher: das Gesundheitswesen. Dieses Thema steht seit vielen Jahren im Fokus zahlreicher Akteure aus dem öffentlichen und privaten Sektor. Bislang ist die digitale Transformation nicht gelungen. Wir liegen immer noch Jahre hinter europäischen Ländern wie Dänemark oder Estland zurück, die über vollständig digitale Gesundheitssysteme verfügen.
Die verschiedenen Akteure des Gesundheitssystems haben viel Zeit und Mühe darauf verwendet, die besten Technologien zur Unterstützung dieses Wandels zu entwickeln. Heute gibt es viele Lösungen und Initiativen rund um dieses Thema. Das elektronische Patientendossier (EPD) wurde entwickelt. Jüngst haben kollaborative Konsortien neue digitale Gesundheitsplattformen geschaffen.
Damit digitale Tools effektiv sind, werden sie gemeinsam mit den Endnutzer:innen entwickelt und getestet, um sicherzustellen, dass sie so effizient wie möglich arbeiten. Wenn sie nicht den Bedürfnissen entsprechen, werden sie auch nicht von den Endnutzer:innen akzeptiert. Daher sollte eine Plattform/Lösung für ein digitales Gesundheitswesen gemeinsam mit den Endnutzer:innen, den Bürgerinnen und Bürgern der Schweiz, entwickelt werden.
Mit dieser Publikation wollten wir der Schweizer Bevölkerung die Möglichkeit geben, ihre Wünsche und Bedenken bezüglich der Digitalisierung des Gesundheitswesens zu äussern. Dies geschah mittels einer Umfrage, die Ende Sommer 2022 durchgeführt wurde.
Mit dieser Umfrage kann die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger zum Thema genauer erfasst werden. Die Bereitschaft der Schweizer Bevölkerung, ein digitales Gesundheitssystem zu nutzen, ist klar ersichtlich – sofern es klare Mehrwerte wie bessere Benutzerfreundlichkeit, bessere Diagnosen und Behandlungen sowie geringere Gesundheitskosten bietet.
Die Umfrage zeigt, dass viele Schweizerinnen und Schweizer ihre Gesundheitskompetenz (76 %) und ihre digitale Kompetenz (72 %) als hoch bis sehr hoch einschätzen. Die Gesundheitskompetenz nimmt mit dem Alter zu, während die digitale Kompetenz abnimmt. Auch das Bildungsniveau spielt eine wichtige Rolle: Menschen mit einem höheren Bildungsniveau haben eine höhere Gesundheits- und digitale Kompetenz.
Eine weitere wichtige Feststellung betrifft das Vertrauen in verschiedene Organisationen, die mit Gesundheitsdaten arbeiten. 70 % der Befragten haben ein hohes bis sehr hohes Vertrauen in Gesundheitsdienstleister (einschliesslich Krankenhäuser), gefolgt von der Regierung (47 %), während der private Sektor (22 %) das geringste Vertrauen geniesst. Das Vertrauen in Krankenhäuser und Allgemeinmediziner erklärt auch deren Status als wichtigste Quelle für Gesundheitsinformationen (54 %). Das medizinische Personal ist seit Jahrhunderten ein zentrales Element des Gesundheitssystems, doch gibt es Anzeichen für einen Wandel hin zu einem System, das weniger auf das medizinische Fachpersonal, sondern mehr auf die Patient:innen ausgerichtet ist.
Gleichzeitig entwickelt sich auch die Rolle von Patient:innen, die eine aktivere Rolle und mehr Eigenverantwortung als vorher übernehmen. So verwenden 31 % der Befragten den Begriff Patient:in nicht mehr ausschliesslich für behandlungsbedürftige Personen. Jeder ist ein:e Patient:in, egal ob gesund, krank oder verletzt. Dies spiegelt sich auch in der zunehmenden Vielfalt der von den Krankenkassen angebotenen Präventionsleistungen wider. Das Gesundheitssystem von morgen soll patientenorientiert sein und Patient:innen ermöglichen, sich selbst über ihre Gesundheit zu informieren und sich mehr mit Präventivmassnahmen zu beschäftigen. Dies mit dem Ziel, eine aktivere und gesündere Gesellschaft zu fördern.
Dies entspricht auch dem Wunsch von Patient:innen nach mehr Kontrolle über ihre eigenen Gesundheitsdaten. 68 % der Bevölkerung wollen die rechtmässigen Eigentümer:innen ihrer persönlichen Gesundheitsdaten sein. Das elektronische Patientendossier ist ein Schritt in diese Richtung, da Patient:innen die Kontrolle darüber haben, wer auf ihre Daten zugreifen kann.
Die Digitalisierung hat viele Vorteile, weckt jedoch auch Ängste bei Bürgerinnen und Bürgern. 46 % der Befragten befürchten, dass ihre Daten missbraucht oder gestohlen werden. Der Datenschutz ist in letzter Zeit stärker in den Fokus gerückt, muss jedoch bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens in Zukunft eine noch zentralere Rolle spielen. Dies, um sicherzustellen, dass geeignete Systeme und Lösungen für die Speicherung und den Austausch von Daten verwendet werden, um Datenmissbrauch, falsche Speicherung oder Datendiebstahl zu vermeiden.
Nur wenn alle Beteiligten des Gesundheitswesens (einschliesslich der Patient:innen) zusammenarbeiten, wird es möglich sein, das Gesundheitssystem in den digitalen Raum zu überführen und eine Änderung im Bewusstsein der Bevölkerung herbeizuführen.
Befragungsmethode
Die Umfrage wurde bei einer repräsentativen Zufallsstichprobe (n = 1110) der Schweizer Bevölkerung durchgeführt. Die Bevölkerung wurde zwischen dem 1. und 14. September 2022 über ein Online-Panel kontaktiert. Ein unabhängiges Forschungsinstitut (gfs-zürich) wurde mit der Durchführung der Umfrage beauftragt. Die Teilnahme war anonym und freiwillig. Die demografische Zusammensetzung der Befragten aus der Bevölkerung wurde gezielt so gewählt, dass sie repräsentativ für die über 18-jährige französisch-, deutsch- und italienischsprachige Bevölkerung der Schweiz ist, entsprechend den Quotenmerkmalen Geschlecht, Alter und Sprachregion. Die Tessiner Bevölkerung wurde leicht überproportional befragt, um individuelle Auswertungen zu ermöglichen. Um die Gesamtergebnisse zu erhalten, wurde die Stichprobe nach Sprachregionen gewichtet.
Prozentwerte werden immer auf eine ganze Zahl gerundet, Durchschnittswerte auf eine Dezimalzahl. Prozentsätze <1 Prozent sind in den Abbildungen teilweise farblich abgebildet, jedoch nicht beschriftet.
Kapitel 1: Gesundheitszustand
1.1 Informationen zum Gesundheitszustand
Im Bericht 2018 des Euro Health Consumer Index (EHCI) wurde die Schweiz als das Land mit dem besten Gesundheitswesen der Welt eingestuft (Björnberg & Phang, 2019). Die Qualität der Versorgung ist in der Schweiz aufgrund der hohen Dichte an medizinischen Fachkräften (Weltgesundheitsorganisation, 2022) und hochrangigen Universitäten sehr hoch. Zudem sind sämtliche in der Schweiz lebenden Bürger:innen obligatorisch krankenversichert, was den Zugang zu guten Gesundheitsdiensten ermöglicht. (Krankenkasse, BAG).
Im Rahmen der Umfrage haben wir die Bevölkerung gefragt, ob sie sich ausreichend über ihre Gesundheit informiert fühlt. 78 % der Befragten fühlten sich gut bis sehr gut über ihre Gesundheit informiert. Die jüngste Generation (18-39 Jahre, 74 %) liegt leicht hinter den beiden älteren Generationen (80 % und 81 %) zurück ( Abbildung 1). Dies könnte daran liegen, dass die jüngere Generation „gesünder“ ist und sich daher weniger für gesundheitsbezogene Themen und ihren Gesundheitszustand interessiert.
Interessanterweise schätzen sich Menschen, die über gute bis sehr gute digitale Fähigkeiten verfügen, auch eher als gut oder sehr gut über ihren Gesundheitszustand informiert ein (82 % gegenüber 64 %). Digitale Technologien ermöglichen es Menschen, innerhalb kurzer Zeit alle Arten von Informationen zu suchen und zu sammeln. Sie können leicht auf Daten zu ihren verschiedenen Gesundheitszuständen zugreifen.
Das Leiden an einer chronischen Krankheit scheint keinen Einfluss auf die Gesundheitskompetenz zu haben.
Digitale Lösungen eröffnen den Bürgern einen neuen Zugang zu Information. Zukünftig würde die Bevölkerung daher leichter Informationen über ihre eigene Gesundheit finden und noch mehr Kontrolle über ihr Wohlergehen empfinden.
Abbildung 1 – Informationsniveau zum Gesundheitszustand
Das ungenutzte Potenzial der Prävention im Schweizer Gesundheitssystem – Philomena Colatrella, CSS
„Wir alle hoffen, dass wir von einer schweren Krankheit verschont bleiben. Aber wie können wir unsere Gesundheit erhalten? Und wer ist dafür zuständig? Traditionell konzentrieren sich Gesundheitssysteme auf die Heilung von Menschen. Es ist daher nicht erstaunlich, dass wir das Potenzial der Prävention nicht voll ausnutzen. Vor allem, wenn es um weit verbreitete, nichtübertragbare Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Probleme geht.
Studien haben gezeigt, dass das Verhalten einen viel grösseren Einfluss hat als Faktoren wie Genetik, Umwelt oder sogar Zugang zur Gesundheitsversorgung. Und es gibt viele Möglichkeiten, einen gesünderen Lebensstil zu unterstützen. Intelligente Uhren, Fitness-Tracker und andere Wearables haben alle Bereiche unserer Gesellschaft erreicht und können von grossem Nutzen sein: indem sie unsere Schritte verfolgen und uns zu mehr Bewegung motivieren. Indem sie uns dabei unterstützen, bessere Entscheidungen in Bezug auf unsere Ernährung zu treffen.
Prävention kann in ganz unterschiedlichen Formen stattfinden. Als Krankenversicherer bieten wir finanzielle Anreize für diejenigen, die sich zu einem gesünderen Verhalten verpflichten – ein rein freiwilliges Angebot, das viel Anklang findet. Durch die Integration neuer Formen können wir die Prävention effektiver gestalten. Es ist an der Zeit, dieses Ziel mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verfolgen.“
1.2 Quellen für Gesundheitsinformationen in der Schweiz
Das heutige Gesundheitssystem ist hauptsächlich auf die Diagnose und Behandlung von kranken und verletzten Patient:innen ausgerichtet. Da die Bevölkerung immer älter wird, sind die Gesundheitskosten in der Schweiz extrem hoch und belaufen sich im Jahr 2020 auf insgesamt 83,3 Milliarden Franken pro Jahr (Schweizerische Eidgenossenschaft – BFS, 2022). Das System entwickelt sich langsam zu einem System, das sich mehr auf die Prävention konzentriert und die „Patient:innen“ länger gesund hält. Dies wird dazu beitragen, die Kosten zu senken und die Lebensqualität zu verbessern.
In der Schweiz gibt es viele verschiedene Beteiligte, die unterschiedliche Rollen im Gesundheitswesen spielen. Wir waren neugierig darauf, besser zu verstehen, an wen sich die Bevölkerung wenden würde, um zusätzliche Informationen über Präventionsmassnahmen zu erhalten.
Abbildung 2a zeigt, dass medizinisches Personal die wichtigste Informationsquelle für die Schweizer Bevölkerung insgesamt bleibt, unabhängig vom Geschlecht der Befragten (54 %). An zweiter Stelle stehen Versicherungsgesellschaften, wobei ein deutlich höherer Anteil der Männer von Versicherungen informiert werden möchte (43 % gegenüber 35 %). Männer setzen auch mehr auf die Regierung, um Informationen zu erhalten (29 % gegenüber 18 % bei Frauen).
Abbildung 2b zeigt den Unterschied in der Verteilung nach Generation der Befragten. Die ältere Generation neigt eher dazu, zusätzliche Informationen von medizinischem Personal (60 %) als von Versicherungsanbietern (32 %) einzuholen, gegenüber 44 % bei den 18- bis 39-Jährigen und 39 % bei den 40- bis 64-Jährigen. Die jüngste Generation blickt dazu eher auf die Regierung (26 %) und glaubt fest an die Rolle der Bildung bei der Verbreitung von Informationen zur Gesundheitsprävention (43 % gegenüber 15 % und 5 % bei den älteren Generationen).
Das medizinische Personal steht seit Jahrhunderten im Mittelpunkt des Gesundheitswesens und ist daher die Hauptinformationsquelle für die Gesundheitsdaten. Das heutige Gesundheitssystem wandelt sich langsam zu einem System, das sich weniger um die medizinischen Berufe und mehr um Patient:innen dreht.
In den Augen der Patient:innen, insbesondere der älteren Generation, spielen die medizinischen Fachkräfte immer noch die wichtigste Rolle im Gesundheitswesen. Das Gesundheitssystem entwickelt sich derzeit in Richtung eines Netzwerkmodells, in dem jeder Akteur eine spezifische Rolle spielt, um ein erfolgreiches Ergebnis zu ermöglichen (medizinisches Personal, Versicherungen, Regierung usw.).
Menschen, die ihren Gesundheitszustand als eher schlecht selbst einschätzen, oder Patienten, die an chronischen Krankheiten leiden, erkundigen sich für Gesundheitsinformationen eher bei Allgemeinmediziner:innen (jeweils 65 %). Sie fühlen sich möglicherweise nicht in der Lage, ihre Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen und suchen Rat bei ihrem engsten Verbündeten: der Ärztin bzw. dem Arzt.
Die Krankenversicherer spielen eine wichtige Rolle bei Präventionsaktivitäten im schweizerischen Gesundheitssystem, wie es in Artikel 19 und Artikel 26 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG, 1994) beschrieben wird. Es ist daher ihre Pflicht, präventive Gesundheitsaktivitäten zu fördern, um die Gesundheit der Bürger:innen zu erhalten und die Prämien so niedrig wie möglich zu halten. Viele Krankenkassen in der Schweiz haben digitale Hilfsmittel entwickelt, die den Kunden helfen sollen, einen gesunden Lebensstil zu führen und sich selbst bewusster zu verhalten. Die CSS hat zum Beispiel active365 entwickelt, eine App, die Nutzer mit Bonuspunkten belohnt, wenn sie positive Entscheidungen in Bezug auf ihre Ernährung, ihr Bewegungsverhalten oder ihre geistige Gesundheit treffen. Helsana hat eine ähnliche App namens Helsana+ entwickelt, die präventive Gesundheitsmassnahmen und Interaktionen mit dem Versicherer belohnt.
Die jüngere Generation ist der Ansicht, dass das Bildungswesen grosses Potenzial hat, eine aktivere Rolle bei der Förderung von Aktivitäten zur Gesundheitsprävention zu spielen. In der Schweiz ist der Schulbesuch für alle Kinder während insgesamt elf Jahren obligatorisch und kostenlos. (Obligatorische Schulzeit – SWI Swissinfo.ch, 2022). Da sich Gewohnheiten in der Kindheit leichter festsetzen, wäre die Schule ein hervorragendes Umfeld, um das Bewusstsein für gesundheitliche Präventionsmassnahmen und -aktivitäten zu stärken und sicherzustellen, dass alle Bürger:innen Zugang zu den gleichen Ausgangsinformationen haben und einen gleichermassen gesunden Lebensstil führen können.
Die Förderung präventiver Gesundheitsmassnahmen, die zu einer gesünderen Lebensweise führen, wird die Grundlage des Gesundheitssystems von morgen sein. Dies wird nur möglich sein, wenn alle Akteure des Gesundheitswesens eine Rolle in diesem System spielen. Digitale Tools wie Apps oder Wearables können Bürger:innen helfen, ihre Gewohnheiten zu verfolgen und positive Entscheidungen für ein gesünderes Leben zu treffen.
Abbildung 2 – Akteure, die zusätzliche Informationen über Präventionsaktivitäten in der Schweiz verbreiten sollten
A. Verteilung nach Geschlecht
B. Verteilung nach Alter
1.3 Selbsteinschätzung des Gesundheitszustands der Schweizer Bevölkerung
Die Kombination mehrerer Faktoren wirkt sich auf die Gesundheit des Einzelnen aus. Das soziale, wirtschaftliche und physische Umfeld sowie individuelle Eigenschaften und Verhaltensweisen beeinflussen den Gesundheitszustand von Personen (Weltgesundheitsorganisation, 2017).
In der Umfrage haben wir die Befragten gebeten, ihren aktuellen Gesundheitszustand persönlich zu reflektieren. Dabei ist zu beachten, dass die Tageszeit und die psychische Stimmung der Befragten einen direkten Einfluss auf ihre Selbsteinschätzung der persönlichen Gesundheit haben.
Fast drei Viertel der Befragten schätzen ihre eigene Gesundheit als gut oder sehr gut ein (74 %). Die jüngere Generation fühlt sich am besten (79 %) und die Generation mittleren Alters am schlechtesten (71 %), was immer noch ein hohes Niveau darstellt.
Vergleicht man die Kaufkraft der Befragten, kann eine Korrelation zwischen Wohlstand und Gesundheitszustand festgestellt werden. Die wohlhabende Gruppe hat den höchsten selbst eingeschätzten Gesundheitszustand (86 %), während die Gruppe mit der geringsten Kaufkraft den niedrigsten Gesundheitszustand angibt (61 %).
Befragte, die ihre gesundheitlichen und digitalen Fähigkeiten als hoch einschätzen, fühlen sich besser in Form als diejenigen, bei denen dies nicht der Fall ist (78 % gegenüber 60 %).
Die Schweiz ist ein sehr wohlhabendes Land, das im Index der Vereinten Nationen (UNECE, 2020) auf dem dritten Platz steht und einen hohen Lebensstandard bietet. Dies erklärt teilweise die hohe Bewertung der individuellen Gesundheit durch die Befragten. Das Wohlstandsniveau steht in direktem Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand, da es sich auf die Lebensbedingungen auswirkt, die man sich leisten kann.
Die Digitalisierung ermöglicht einen vereinfachten Zugang zu gesundheitsbezogenen Informationen und wirkt sich direkt auf den individuellen Gesundheitszustand aus, da die Menschen das Gefühl haben, mehr Kontrolle zu haben (Ward, 2013). Sie haben Zugriff auf eine Vielzahl von Informationen, die sie sofort abrufen können.
Abbildung 3 – Selbsteinschätzung des Gesundheitszustands der Schweizer Bevölkerung
Kapitel 2: Patient:innen
2.1 Wer sind „Patient:innen“
Der Begriff Patient:in stammt vom lateinischen Wort „pati-“ für (er)dulden, hinnehmen, (er)leiden (Neuberger, 1999). Im Laufe der Zeit und in verschiedenen Kulturen hat sich die Definition des Begriffs weiterentwickelt und wurde mehrfach angepasst, wobei Patient:innen eine passive Rolle zugewiesen wurde, in der sie Schmerzen still ertragen und auf medizinische Versorgung wartet. Heutzutage wird der Begriff für viele verschiedene Personengruppen verwendet, die oft durch Synonyme wie „Kund:innen“, „Verbraucher:innen“, „Nutzer:innen“ und „Klient:innen“ des Gesundheitssystems ersetzt werden könnten (Deber, 2005). Auch die Beziehung zwischen Patient:innen und Gesundheitsdienstleister:innen hat sich weiterentwickelt. Patient:innen werden nicht mehr als passive Teilnehmer:innen gesehen. Sie nehmen eine aktivere Rolle ein und sind ihren professionellen Berater:innen, der ihn medizinisch berät, gleichgestellt (Neuberger, 1999). Patient:innen werden in neuerer Zeit als Personen definiert, die mit einem Arzt oder einer Ärztin interagieren, entweder wegen einer tatsächlichen oder empfundenen Krankheit oder zur Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention; Patient:innen müssen also nicht mehr krank oder verletzt sein (Institute of Medicine, 1994).
In der Umfrage haben wir die Befragten danach gefragt, wer für sie Patient:innen sind. 68 % der Gesamtbevölkerung definieren Patient:innen immer noch als Personen, die eine medizinische Beratung, Diagnose oder Behandlung benötigen, während nur 31 % der Befragten alle Menschen als Patient:innen bezeichnen, egal ob gesund, krank oder verletzt.
In Abbildung 4 ist ein signifikanter Unterschied in der Wahrnehmung von Patient:innen innerhalb der verschiedenen Altersgruppen zu erkennen. Je jünger die Befragten sind, desto eher verstehen sie unter dem Begriff „Patient:in“ eine beliebige Person. Dies könnte daran liegen, dass jüngere (und oft noch gesunde) Generationen sich sowohl als gesund als auch als „Patient:innen“ als Konsument:innen des Gesundheitswesens sehen, die etwas für ihr Wohlbefinden und ihren Gesundheitszustand tun.
Wir alle sind tagtäglich von unserer Gesundheit betroffen und daher alle „Patienten:innen“. Das Gesundheitssystem von morgen sollte patientenorientiert sein, Patient:innen die Möglichkeit geben, sich über ihre Gesundheit zu informieren, und sich stärker auf Präventionsmassnahmen konzentrieren, damit die Bevölkerung aktiver wird und länger gesund bleibt. Dies wird die Kosten senken und das Wohlbefinden der Bürger:innen steigern.
Abbildung 4 – Die Wahrnehmung des Begriffs „Patient:in“ durch die Bevölkerung nach Altersgruppe
Abbildung 5 – Verbreitung von chronischen Krankheiten in der Schweizer Bevölkerung
„Patient:innen“ in der Schweiz und ihre zukünftige gewünschte Rolle – Susanne Gedamke, Swiss Patient Organisation
„Das gesamte Gesundheitssystem spricht von Patientenzentrierung. Aber wie patientenorientiert ist eigentlich unser Gesundheitssystem? Eines ist klar: Wir wissen es nicht. Weil Patient:innen nicht gefragt werden. Alle Parameter im Gesundheitssystem beruhen auf professionellen Kriterien. Aber sollte sich ein Gesundheitssystem nicht in erster Linie an den Nutzer:innen des Systems, den Patient:innen, den Menschen orientieren?
Es ist Zeit, dass die Bedürfnisse der Patient:innen verlässlich und differenziert erfasst werden und dass die Ressourcen der Patient:innen in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. Denn in einem qualitativ hochwertigen Gesundheitssystem zählt nicht nur die fachliche Perspektive, sondern auch die Perspektive der Betroffenen.“
2.2 Chronische Krankheiten
Chronische Krankheiten, die auch als nichtübertragbare Krankheiten (NCDs) bezeichnet werden, sind das Ergebnis einer Kombination aus genetischen, physiologischen, umweltbedingten und verhaltensbedingten Faktoren und halten ein Jahr oder länger an (About Chronic Diseases, 2022). Die wichtigsten Arten von chronischen Krankheiten sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, Krebs und Diabetes, aber es gibt auch andere, weniger häufige NCDs.
Ein Drittel der Befragten (33 %) geben an, dass sie aktuell an einer chronischen Krankheit leiden (siehe Abbildung 5). Je älter die Befragten sind, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie an einer chronischen Krankheit leiden. Jede:r zweite Bürger:in über 65 Jahren ist von einer NCD betroffen (49 %). Das liegt daran, dass im Laufe des Alterungsprozesses zahlreiche molekulare und zelluläre Fehlfunktionen auftreten, die letztlich zu verschiedenen chronischen Beschwerden und Krankheiten führen, darunter neurologische Störungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Makuladegeneration und Diabetes. Diese chronischen Krankheiten treten in der Regel im mittleren/späteren Alter auf, nachdem sie lange Zeit bestimmten Merkmalen und einem ungesunden Lebensstil (Bewegungsmangel, fettreiche Ernährung, Stress, Alkohol- und Tabakkonsum) ausgesetzt waren (Prasad et al., 2012).
Wir können auch feststellen, dass Menschen mit einer geringen Kaufkraft häufiger angeben, dass sie an einer chronischen Krankheit leiden (43 %). Dies könnte daran liegen, dass sie sich aufgrund ihres geringeren Einkommens nicht die besten Gesundheitsdienste und Ernährung leisten können (Kim et al., 2016), was zu ungesunden Lebensstilentscheidungen und damit zu chronischen Krankheiten führt.
Glücklicherweise werden chronische Krankheiten in der Schweiz heute gut versorgt und „Patient:innen“ können ihre Symptome überwachen und ein gesundes Leben führen. Dies spiegelt sich in der Umfrage wider, da die Befragten, die an NCDs leiden, ihren Gesundheitszustand nicht schlechter einschätzen als andere Befragte.
Im künftigen Gesundheitssystem der Schweiz sollten wir die Prävention stärker fördern, damit die Bürger einen gesunden Lebensstil führen und das Risiko, an einer chronischen Krankheit zu erkranken, verringern. Das Tracking von Gesundheitsdaten kann positive Angewohnheiten fördern und es Bürger:innen ermöglichen, gesünder zu leben.
Kapitel 3: Gesundheitskompetenz und digitale Kompetenz in der Schweiz
3.1 Gesundheitskompetenz
Persönliche Gesundheitskompetenz beschreibt das Ausmass, in dem Personen in der Lage sind, Informationen und Dienstleistungen zu finden, zu verstehen und zu nutzen, um gesundheitsbezogene Entscheidungen und Handlungen für sich und andere zu treffen (HRSA, 2022). Diese Definition wurde in unserer Umfrage verwendet.
Drei Viertel der Befragten schätzen ihre Gesundheitskompetenz als hoch bis sehr hoch ein (76 %).
Wie in Abbildung 6 zu erkennen ist, gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Alter der Befragten und dem Ausmass ihres Gesundheitswissens. Die ältere Generation hat die höchste Gesundheitskompetenz (82 % gegenüber 71 % bei der jüngeren Generation). Dies lässt sich damit erklären, dass Menschen sich mit zunehmendem Alter stärker für ihre Gesundheit und damit zusammenhängende Themen interessieren, da die Gesundheit langsam nachlässt.
Es findet sich weiter ein Zusammenhang zwischen dem Bildungsniveau und dem Grad des Gesundheitswissens. Je höher der Bildungsstand, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Person eine hohe Gesundheitskompetenz besitzt (79 % gegenüber 62 % bei niedrigem Bildungsniveau). Es ist daher wichtig, Gesundheitsthemen in den Lehrplan aufzunehmen, da der Unterricht für alle bis zum Alter von elf Jahren (vom 4. bis zum 15. Lebensjahr) obligatorisch ist.
In der französischsprachigen Schweiz ist die Gesundheitskompetenz weniger ausgeprägt als in der deutsch- und italienischsprachigen Schweiz (W-CH: 61 % gegenüber D-CH: 77 % und I-CH: 73 % auf den Rängen 4-5). Diese regionalen Abweichungen lassen sich möglicherweise durch Unterschiede auf kantonaler Ebene erklären. Dies unterstreicht die Wichtigkeit, sich nicht nur auf nationaler, sondern auch auf regionaler oder kantonaler Ebene auf die Verbesserung der Gesundheitskompetenz zu konzentrieren. Insbesondere in einem so dezentralisierten Land wie der Schweiz (Guggiari et al., 2021).
Die Careum Foundation, die sich für die Förderung der Gesundheitsbildung einsetzt, hat in einem zweijährigen Studienprojekt (2019-2021) die Gesundheitskompetenz von 17 verschiedenen europäischen Ländern verglichen. Dabei wurde festgestellt, dass die Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern unterdurchschnittlich abschneidet (De Gani et al., 2021). Dies zeigt, dass die Schweiz zwar ein hohes Level an Gesundheitskompetenz aufweist, auf kantonaler, regionaler und nationaler Ebene jedoch noch viel Verbesserungsbedarf besteht, damit die Schweiz das Niveau anderer europäischer Länder wie Dänemark erreicht.
Die Wichtigkeit der Gesundheitskompetenz in der Schweiz– Alexandros Giannakis, Accenture
„Die Schweiz ist ein Land, in dem die Förderung der Gesundheitskompetenz eine überdurchschnittlich große Wirkung entfalten kann:
🔹 Die Bevölkerung hat landesweit Zugang zu Informationen und Kommunikationskanälen, und zwar mehr als in anderen Ländern.
🔹 Die Menschen verfügen über die notwendigen Mittel, um Gesundheitsberatung in Anspruch zu nehmen, sei es für eine bessere Ernährung, für den Zugang zu Fitness- und/oder Wellnessangeboten, usw.
🔹 Die Schweiz besteht, vor allem in ländlichen Gebieten, aus kleinen, eng zusammenhängenden Gemeinschaften. Wenn ein gewisses Mass an Gesundheitskompetenz in einer Community erreicht wird, können sich die Auswirkungen auf grössere Teile oder gar auf die gesamte Community übertragen. So kann der Return on Investment noch effektiver sein.
Angesichts dieser positiven Faktoren sollte die Gesundheitskompetenz im ganzen Land und insbesondere in den ländlichen Gebieten gefördert werden, wo bestimmte Aspekte der Gesundheit und eines gesunden Lebensstils (z.B. Ernährung) deutlich verbessert werden können. Der Tabakkonsum hingegen ist in der Schweiz höher als in anderen Ländern mit hohem Einkommen, wie die Statistiken der letzten Jahrzehnte zeigen.
Da Krankenversicherer über die Mittel verfügen, Kampagnen und Initiativen zur Förderung der Gesundheitskompetenz voranzutreiben. Dies bildet eine sehr solide Grundlage für ein Land, in dem die Gesundheitskompetenz erheblich gefördert und verbessert werden kann.“
Abbildung 6 – Gesundheitskompetenz in der Schweiz
Abbildung 7 – Digitale Kompetenz in der Schweiz
3.2 Digitale Kompetenz
Digitale Kompetenz bezieht sich auf die Fähigkeit, Informations- und Kommunikationstechnologien zu nutzen, um Informationen zu finden, zu bewerten, zu erstellen und zu kommunizieren, was sowohl kognitive als auch technische Fähigkeiten erfordert (ALA, 2011). Diese Definition wurde in unserer Umfrage verwendet.
Fast drei Viertel der Befragten schätzen ihre digitalen Kompetenzen als hoch bis sehr hoch ein (72 %).
Es besteht ein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Alter und dem Bildungsniveau der Befragten und ihren wahrgenommenen digitalen Kompetenzen. Je jünger die Befragten sind, desto höher schätzen sie sich selbst als digital versiert ein (61 % bei den über 65-Jährigen, 74 % bei den 40- bis 64-Jährigen und 78 % bei den 18- bis 39-Jährigen).
Die Digitalisierung begann in den 1950er Jahren mit dem Aufkommen von Computern, aber erst in den 1990er Jahren mit der Einführung des Internets setzte sie sich durch (Press, 2015). Ältere Generationen sind daher nicht mit der Digitalisierung aufgewachsen und mussten sich erst später weiterbilden, während jüngere Generationen von Geburt an mit dem Internet aufgewachsen sind. Die Pandemie hatte einen sehr positiven Einfluss auf die digitalen Technologien. Die ältere Generation musste auf sie zurückgreifen, um mit ihren Familien und Freunden in Kontakt zu bleiben, so dass 74 % der älteren Generation das Internet benutzten (Rubín et al., 2020). Je höher das Bildungsniveau der Befragten ist, desto höher ist auch ihre digitale Kompetenz (niedrig: 53 %, mittel: 70 %, hoch: 85 %).
Dies lässt sich damit erklären, dass mit zunehmendem Bildungsgrad die Begegnungen mit der digitalen Welt und digitalen Werkzeugen zunehmen. Die Schweiz hat eines der besten Bildungssysteme der Welt, das hervorragende Arbeitsmöglichkeiten bietet und beginnt, digitales Wissen und Informatik in den Lehrplan aufzunehmen (Robert).
Über die Hälfte der Befragten aus der wohlhabenden Bevölkerungsgruppe schätzen ihre digitalen Fähigkeiten als sehr gut ein (Skala 5: 55 %).
Die Mehrheit der Befragten aus dieser Gruppe geht einer Bürotätigkeit nach, was den täglichen Umgang mit Computern und anderen Technologien erfordert.
Personen, die der Digitalisierung mehrheitlich unbesorgt gegenüberstehen, weisen häufiger eine hohe digitale Kompetenz auf (82 % gegenüber 70 % bei sehr besorgten Befragten). Dies könnte daran liegen, dass Personen, die sich mehr Sorgen über die Digitalisierung machen, tendenziell vorsichtiger im Umgang mit digitalen Tools sind und daher über geringere digitale Kompetenzen verfügen.
Die digitale Kompetenz in der Schweiz hat in den letzten Jahren stark zugenommen und einen Schritt in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung gemacht (Schweizerische Eidgenossenschaft – BFS, 2021). Dennoch ist eine schnelle Weiterentwicklung nötig, um mit der Geschwindigkeit des Wandels Schritt zu halten und eine digitale Kluft zu vermeiden, die einen Teil der Bevölkerung von der digitalen Transformation ausschliesst.
3.3 Zusammenhänge zwischen Gesundheits- und digitaler Kompetenz
Das Niveau der Gesundheits- und digitalen Kompetenz in der Schweiz ist insgesamt hoch. Es gibt eine starke Korrelation zwischen beiden. Personen, die ihre Gesundheitskompetenz hoch einschätzen, haben tendenziell auch eine hohe digitale Kompetenz (83 %) und umgekehrt (79 %). Befragte, die ihren Gesundheitszustand hoch einschätzen, haben mit grösserer Wahrscheinlichkeit eine hohe digitale Kompetenz (79 %) im Vergleich zu denjenigen, die ihn niedrig einschätzen (55 %). Heutzutage sind Informationen meist über das Internet zugänglich, und daher ist es logisch, dass Menschen, die mit dem digitalen Medium besser umgehen können, auch einen leichteren Zugang zu Gesundheitsinformationen haben und über bessere Kenntnisse in diesem Bereich verfügen. Dies führt zu einem besseren Gesundheitszustand.
Diese beiden Kompetenzen werden nun auch unter dem neuen Begriff der digitalen Gesundheitskompetenz zusammengefasst. Sie wird von der Careum Foundation definiert als das Ausmass, in dem Individuen in der Lage sind, Gesundheitsinformationen aus digitalen Quellen zu erhalten, zu verstehen und zu beurteilen und sie für Entscheidungen über ihre Gesundheit zu nutzen (De Gani et al., 2021). Wenn die digitale Kompetenz zu gering ist, kann dies negative Auswirkungen haben, wie die Verschärfung der gesundheitlichen Ungleichheit in einer Welt, in der die Gesundheitsversorgung zunehmend digitalisiert wird. Patienten, die nicht in der Lage sind, digitale Tools zu nutzen, deren Bedeutung nicht verstehen oder keinen Zugang dazu haben, verpassen ihre Vorteile und werden bei der Verbesserung ihrer Gesundheit deutlich benachteiligt sein (Heath, 2022).
Wir müssen schnell handeln, um sicherzustellen, dass niemand zurückgelassen wird. Wir müssen die Nutzer auf ein Gesundheitssystem vorbereiten, das ständig neue Wege findet, Patienten durch Technologie zu involvieren, und deshalb neue Wege finden, um das Niveau der digitalen Kompetenz in der Schweiz zu erhöhen.
Kapitel 4: Digitale Gewohnheiten
4.1 Verbrachte Zeit mit digitalen Tools
Anfang 2022 zählte die Schweiz 8,74 Millionen Einwohner (Worldometer), wovon 8,57 Millionen Internetnutzer sind, was 98 % der Bevölkerung entspricht (Kemp, 2022). Die Digitalisierung ist also in diesem Land präsenter denn je.
In der Umfrage wollten wir besser verstehen, wie viel Zeit durchschnittlich mit digitalen Geräten verbracht wird, einschliesslich der Nutzung am Arbeitsplatz. Die Ergebnisse waren gleichmässig verteilt: Fast ein Drittel (29 %) gab eine Nutzungsdauer von bis zu 3 Stunden an, ein weiteres Drittel zwischen 3 und 6 Stunden (32 %) und 36 % nutzten digitale Geräte täglich mehr als 6 Stunden.
Die jüngeren Befragten verbringen am meisten Zeit mit digitalen Tools (18-39 Jahre: 55 %, 39-64 Jahre: 41 % und 65+ Jahre: 10 % verbringen mehr als 6 Stunden). Dies lässt sich teilweise dadurch erklären, dass Menschen im erwerbsfähigen Alter aufgrund ihrer Arbeit oft täglich mit Computern arbeiten. Ältere Menschen, die überwiegend im Ruhestand sind, sind weniger auf digitale Tools angewiesen, da sie sie nicht für die Arbeit benötigen. In der Schweiz liegt das Rentenalter für Frauen bei 64 Jahren, für Männer bei 65 Jahren. Eine Frühpensionierung ist bei gegebenen finanziellen Mitteln auch eine Möglichkeit (Schweizerische Eidgenossenschaft). Andererseits verbringt die junge Generation einen grösseren Teil ihrer Freizeit vor Geräten als die ältere Bevölkerung (durchschnittlich 4 Stunden gegenüber 2,5 Stunden bei der Bevölkerung mittleren Alters) (Swissinfo, 2019).
Je grösser die Kaufkraft, desto mehr Zeit wird pro Tag mit digitalen Geräten verbracht (48 % der wohlhabendsten Gruppe verbringen mehr als 6 Stunden mit ihren digitalen Geräten). Menschen mit grösseren finanziellen Mitteln neigen eher dazu, Berufe auszuüben, die mehr Bildschirmzeit und Technologien erfordern. Dies würde – zusätzlich zu ihrer digitalen Freizeit – die Zeit, die sie am Computer, Tablet oder Smartphone verbringen, erhöhen.
Wie bereits erwähnt, ist die Schweizer Bevölkerung daran gewöhnt, täglich digitale Hilfsmittel für Arbeit und Freizeit zu nutzen. Daher könnte sie sich leicht daran gewöhnen, sie auch zum Tracking ihrer Gesundheitsdaten und ihres Wohlbefindens zu verwenden.
Abbildung 8 – Verbrachte Zeit mit digitalen Tools
Abbildung 9 – Tracking von Gesundheitsdaten mit digitalen Tools
4.2 Erfassung von Gesundheitsdaten mit digitalen Tools
Im Jahr 2022 nutzt 92 % der Schweizer Bevölkerung ein Smartphone (O’Dea, 2020). Smartphones enthalten Hersteller- oder Drittanbieter-Applikationen, die häufig kontinuierlich Gesundheitsdaten aufzeichnen. Während einige Daten ohne das Wissen der Personen gesammelt werden (z.B. Schrittanzahl), werden andere Daten auf freiwilliger Basis durch verbundene Uhren, Mobiltelefone und Apps gesammelt.
In der Umfrage haben wir die Schweizer Bevölkerung gefragt, welche Arten von Daten sie durch digitale Tools erfassen (Abbildung 9). Mehr als die Hälfte der Bevölkerung misst ihre täglichen Schritte (51 %), wobei der Anteil bei der jüngeren Generation noch höher ist (60 %).
Während einige Bürger:innen ihre täglichen Schritte vorsichtig mit präzisen Gadgets verfolgen, ist sich der Grossteil der Bevölkerung immer noch nicht bewusst, dass ihr Smartphone solche Informationen im Hintergrund speichert. Da oft empfohlen wird, eine bestimmte Anzahl Schritte pro Tag zu gehen, helfen diese Hilfsmittel dabei, Fortschritte zu erkennen und zu sehen, wie viel man laufen muss, um gesund zu bleiben.
Sportliche Aktivitäten (32 %) und Anwendungen zur Pandemiebekämpfung stehen an zweiter Stelle (32 % der Bevölkerung überwachen diese Daten), gefolgt von Daten im Zusammenhang mit Versicherungen (29 %).
Daten im Zusammenhang mit Sport, Versicherungen sowie der Pandemie werden hingegen auf freiwilliger Basis erfasst. Eine kontinuierliche Datenerfassung und erfordert daher oft das Herunterladen zusätzlicher Anwendungen oder die Verbindung mit Geräten. Die COVID-19-Pandemie brachte viele Einschränkungen für die Schweizer Bevölkerung mit sich, die ihnen gewisse Rechte entzogen, sofern sie nicht die Möglichkeit hatten, bestimmte Gesundheitsdaten vorzulegen. Dies steigerte die Nutzung solcher Anwendungen, da sich die Bürger:innen frei bewegen und ihr Leben weiterleben wollten.
Neben Gesundheitsdaten, die mit besonderen Bedürfnissen/Rechten verbunden sind, erfasst die Bevölkerung auch spezifische Gesundheitsdaten wie den Menstruationszyklus (27 % bei der weiblichen Bevölkerung), die Herzfrequenz (20 %) und den Schlafzyklus (20 %). Diese Daten ermöglichen ein besseres Verständnis des eigenen Gesundheitszustands und helfen dabei, die Gesundheit und das Wohlbefinden zu beobachten.
Auch wenn die Mehrheit der Bevölkerung mindestens eine Art von Gesundheitsdaten erfasst, erhalten/verwalten 21 % der Befragten keine Daten in digitaler Form. Dies gilt vor allem für die ältere Generation, die ohne solche Technologien aufgewachsen ist und weniger bereit ist, neue Gewohnheiten zur Überwachung ihrer Gesundheit zu übernehmen. Sie sind immer noch daran gewöhnt, dass ihre Gesundheitsdaten beim jährlichen Arztbesuch erfasst werden.
Je älter die Befragten sind, desto weniger Arten von Daten verwalten sie im Durchschnitt digital (18-39 Jahre: 3,1, 40-64 Jahre: 2,6 und 65+ Jahre: 1,7).
In der Zukunft des Gesundheitswesens würde die kontinuierliche Überwachung der eigenen Gesundheitswerte zu Hause eine Verbesserung der Lebensqualität ermöglichen, da Ärzt:innen in der Lage wären, die Entwicklung der Daten über Zeit besser nachzuvollziehen und die bestmögliche Behandlung für Patient:innen zu garantieren.
4.3 Nutzungsfrequenz digitaler Tools zur Gesundheitsüberwachung
Im Jahr 2021 wurden 80 Millionen Smartwatches verkauft, im Vergleich zu knapp 16 Millionen herkömmlichen Schweizer Uhren (Müller, 2022). Smartwatches bieten zusätzliche Funktionen, da sie direkt mit anderen Geräten synchronisiert werden können. Sie ermöglichen z.B. die Überwachung des Schlafverhaltens, der Ernährung, der Bewegung, der Vitalparameter oder von chronischen Krankheiten (Schoonbee, 2021). In der Umfrage haben wir die Schweizer Bevölkerung befragt, wie oft sie solche digitalen Hilfsmittel zur Gesundheitsüberwachung nutzen. Mehr als ein Viertel (28 %) zeichnen täglich ihre Gesundheitsdaten auf, während 43 % solche Geräte nie zur Überwachung ihrer Gesundheit verwenden. Das bedeutet, dass eine Mehrheit der Bevölkerung ihre Gesundheitsaktivitäten heutzutage über ein Gerät oder eine Anwendung auf ihrem Smartphone erfasst (Swissinfo, 2018).
Je jünger die Befragten sind, desto eher nutzen sie Apps oder Gadgets, um ihren Gesundheitszustand zu erfassen (33 % der jüngeren Generation erfassen ihn täglich und 19 % mehrmals pro Woche). Dies erklärt sich aus der Tatsache, dass Millennials und Generation Z am empfänglichsten für neue Technologien und Gadgets sind (Koch, 2018) und von solchen Produkten über Social-Media-Plattformen (sproutsocial) stärker angesprochen werden. Die ältere Generation neigt eher dazu, ihre Gesundheit nicht mit Geräten zu überwachen (65 % erfassen gar keine Daten).
Ein interessantes Ergebnis ist, dass Personen, die häufig digitale Hilfsmittel zur Überwachung ihrer Gesundheit verwenden, sich nicht gesundheitsbewusster einschätzen, sondern nur als digital kompetenter. Das könnte daran liegen, dass viele Menschen einfach nur ihre Gesundheitsdaten erfassen wollen und sich nicht die Zeit nehmen, um zu verstehen, was diese Daten wirklich bedeuten und wie sie diese für ihre Gesundheit nutzen können.
Menschen, die sich weniger Sorgen um die Digitalisierung machen, nutzen solche Hilfsmittel tendenziell häufiger (47 % nutzen sie wöchentlich). Dies lässt sich gut damit erklären, dass Personen, die Bedenken über die Auswirkungen der Digitalisierung haben, die Verwendung von digitalen Geräten zur Speicherung oder Weitergabe ihrer Gesundheitsdaten eher vermeiden. Sie sind besorgt, weil sie das Gefühl haben, dass sie keine Kontrolle darüber haben, wie ihre Daten gehandhabt werden.
Smartwatches und Smartphones sind ausgezeichnete digitale Hilfsmittel zur Überwachung von Gesundheitsdaten. Sie sollten in der Schweiz häufiger genutzt werden, da sie es den Bürgern ermöglichen, Daten in Echtzeit zu erfassen und somit einen besseren Einblick in ihren Gesundheitszustand zu bekommen. Sie sind ein ideales Produkt für den medizinischen Bereich, da sie den Informationsaustausch zwischen medizinischem Fachpersonal und Patient:innen erleichtern (Elnagar et al., 2022). Um eine reibungslose Einführung zu ermöglichen, sollten Technologieanbieter ihre Produkte auf alle Altersgruppen zuschneiden und klar erklären, wie Gesundheitsdaten verarbeitet und verfolgt werden.
Home-Monitoring für ein verbessertes Tracking von Gesundheitsdaten – Dr. med. Conrad E. Müller FMH, MBA, Pro UKBB Foundation
„Home Monitoring von Patient:innen vermeidet Krankenhausaufenthalte Während der COVID-19-Pandemie war das Gesundheitssystem stark belastet. Bis zu 30 % der Krankenhauskapazitäten wurden für COVID-Patient:innen benötigt. Dies führte zu langen Wartezeiten für elektive Behandlungen und zu einer verzögerten Diagnose und Therapie bei anderen Erkrankungen mit entsprechend negativen Folgen.
Was ist Home Monitoring? Wenn Patient:innen zu Hause gepflegt werden, werden ihre Vitalparameter in der Regel nur ein- oder zweimal pro Tag gemessen. Bei vielen Krankheiten, wie z.B. Atemwegserkrankungen, wäre es sinnvoll, den Krankheitsverlauf mittels kontinuierlicher Überwachung der Vitalparameter zu verfolgen, um bei einer Verschlimmerung der Erkrankung sofort handeln zu können. Das Monitoring-Gerät funktioniert mit einem kleinen Sensor an der Fingerspitze, zum Beispiel dem Masimo SafetyNet. Es misst kontinuierlich SO2¹, Atmung und Herzfrequenz und sendet die Messwerte per Smartphone an das klinische Portal. Die Patient:innen sind somit nicht dem Risiko einer Infektion ausgesetzt, verlieren keine Muskelmasse und entwickeln keine mentale Desorientierung. Ein nächster Schritt könnte das vollständige virtuelle Krankenhaus zu Hause sein, bei dem die Krankenstation der Patien:innen ihr Zuhause ist. ‚Bleiben Sie sicher zu Hause‘ wird bald eine Realität sein, so wie heute das Home Office.“
Abbildung 10 – Nutzungsfrequenz digitaler Tools für die Gesundheitsüberwachung
¹SO2: Schwefeldioxid
Kapitel 5: Das digitale Gesundheitssystem
5.1 Plattform-Anbieter
Das Schweizer Gesundheitssystem ist stark dezentralisiert und folgt einer föderalen Struktur, in der Bund, Kantone und Gemeinden unterschiedliche Rollen übernehmen. Das System wird durch Prämien, Steuern, Versicherungsbeiträge und Selbstbeteiligungen finanziert (Sturny, 2020). Die Regierung ist für die Festlegung der Franchise verantwortlich und stimmt Änderungen der Prämien zu oder lehnt sie ab. Die Kantone legen fest, welche Krankenhäuser welche Leistungen erbringen und bestimmen die Arbeitszeiten sowie die Löhne der Krankenpfleger und Ärzte. Der private und der öffentliche Sektor müssen zusammenarbeiten. Private Krankenversicherungen bieten Grund- und Zusatzversicherungen an, müssen aber die regulatorischen Anforderungen des Bundesamts für Gesundheit und der Finanzmarktaufsicht (Sanitas) befolgen. Die Grundversicherung ist für alle Einwohner der Schweiz obligatorisch.
Die Digitalisierung sorgt für mehr Transparenz im Gesundheitswesen und würde den Zugang zu Daten aller Art vereinfachen. Die digitale Transformation hat in der Schweiz viele Branchen erfasst und macht das Land sehr innovativ. Im Gesundheitswesen würde die Beschleunigung der Digitalisierung allen Beteiligten, einschliesslich der Patient:innen, verschiedene Vorteile bringen, da sie die allgemeine Gesundheit, die Behandlungsqualität und das Patientenerlebnis verbessern sowie den administrativen Aufwand reduzieren würde (Hämmerli et al., 2021).
In der Umfrage wurde daher die Schweizer Bevölkerung gefragt, wer ihrer Meinung nach der beste Anbieter eines digitalen Gesundheitssystems in der Schweiz wäre. Dabei wurde der Begriff „digitales Gesundheitssystem“ definiert als ein System, das sämtliche Gesundheitsdaten auf benutzerfreundliche und sichere Weise digital verfügbar macht.
Mehr als ein Viertel der Befragten ist der Meinung, dass die Regierung (29 %) und/oder die Krankenversicherung (27 %) Anbieter einer Plattform für ein digitales Gesundheitssystem sein sollten. Krankenhäuser stehen an dritter Stelle (20 %). NPOs, private Organisationen und privat-öffentliche Partnerschaften werden nur von einem sehr kleinen Prozentsatz genannt (NPOs: 7 %, private Organisationen: 4 % und privat-öffentliche Partnerschaften: 4 %).
Eine signifikante Anzahl der Befragten (9 %) zog es vor, diese Frage nicht zu beantworten, weil sie nicht über genügend Informationen verfügen oder keine Meinung haben.
Die Schweizer Bevölkerung ist demnach der Überzeugung, dass der Staat eine zentrale Rolle bei der Einführung einer digitalen Gesamtlösung spielen sollte und glaubt an die wichtige Rolle der Krankenversicherer. Da alle Bürger:innen obligatorisch versichert sind, haben sie bereits eine starke Beziehung zu ihren Versicherungsanbietern. Die Befragten sind der Meinung, dass Krankenhäuser ebenfalls eine wichtige, aber nicht führende Rolle spielen sollten. Private Organisationen, NPOs und Partnerschaften sollten nur eine indirekte Rolle in dem System spielen.
Die Betrachtung der Unterschiede zwischen den Altersgruppen und dem Bildungsniveau der Befragten zeigt: Je älter oder weniger gebildet die Personen sind, desto mehr sehen sie das Krankenhaus als den geeignetsten Anbieter (65+ Jahre: 32 %, geringere Bildung: 30 %). Je jünger oder gebildeter Sie sind, desto mehr glauben Sie, dass die Regierung die Verantwortung für eine digitale Gesamtlösung übernehmen sollte (18-39 Jahre: 32 %, höhere Bildung: 36 %).
Es zeigen sich sehr deutliche Unterschiede zwischen Befragten, die sehr besorgt über die Digitalisierung sind, und Befragten, die sich keine Sorgen darüber machen. Letztgenannte meinen, dass die Regierung für die Plattform verantwortlich sein sollte (35 %), während die besorgte Gruppe den Krankenhäusern einen grössere Rolle zuschreibt (26 %). Eine Erklärung dafür ist,, dass Menschen, die grosse Bedenken zur Digitalisierung haben, das jetzige System beibehalten möchten – nämlich unter der Kontrolle der Krankenhäuser.
Bis jetzt haben die Regierung und Krankenversicherungen eine Schlüsselrolle bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems übernommen. Es wurden bereits viele Fortschritte erzielt, doch bleibt noch viel mehr zu tun. Weitere Informationen zu diesen Lösungen finden Sie unten.
²Private Organisationen wie Pharmaunternehmen, Technologieunternehmen usw.
³Öffentlich-private Partnerschaften sind eine Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Behörden und dem Privatsektor, die Einrichtungen und Dienstleistungen des öffentlichen Sektors mit privaten Ressourcen und Fachwissen anbieten (The World Bank, 2022 und Müller-Tschumi & Wyss Ltd, 2012).
Digitalisierung des Schweizerischen Gesundheitswesens – Hintergrund
Im Jahr 2007 lancierte die Bundesregierung die „eHealth-Strategie Schweiz“, um Patient:innen den Zugang zu ihren Gesundheitsdaten zu erleichtern und diese mit ausgewählten Gesundheitsdienstleistern zu teilen. Das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier regelt die Sicherheitsanforderungen für den Umgang mit Gesundheitsdaten im elektronischen Patientendossier (De Pietro & Francetic, 2018). Seitdem hat die Nutzung stetig zugenommen, bewegt sich jedoch nach wie vor auf einem tiefen Niveau. Eine Überarbeitung des Gesetzes und eine Konsultation im Sommer 2023 (BAG, 2022) sind geplant, um dessen Erfolg sicherzustellen. Dabei sollen Änderungen vorgenommen werden, die die freiwillige Teilnahme und das Opt-in-Modell betreffen (Hämmerli et al., 2021). Private Organisationen haben Lösungen entwickelt, die dem Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier entsprechen. Im Jahr 2022 wurde die Post zum Hauptanbieter elektronischer Patientendossiers, nachdem sie die Mehrheit der Aktien von Axsana übernahm. Axsana hatte die Lösung zunächst auf der Cloud-Infrastruktur von Swisscom betrieben, bis sie Anfang Oktober 2022 erfolgreich auf die technische Infrastruktur der Post migrierte (Die Schweizerische Post, 2022).
Da die Regierung sich mit der Einführung digitaler Lösungen für das Gesundheitssystem Zeit liess und das EPD nur langsam voran kam, sahen Versicherungsunternehmen die Chance, mit anderen Akteuren des Ökosystems gemeinsame Konsortien zu gründen, um eine digitale Gesundheitsplattform bereitzustellen. In den letzten Jahren sind zwei verschiedene Konsortien ins Leben gerufen worden: Well Gesundheit und Compassana.
Well Gesundheit ist ein Joint Venture zwischen CSS, Medi24, Visana, Zur Rose und seit kurzem auch Galancia, Swiss Medical Network und Allianz Care. Es handelt sich um eine offene und unabhängige Plattform, die alles, was im Gesundheitswesen wichtig ist, verbinden und dabei Daten sicher und vertraulich behandeln soll.
Compassana wurde von Medbase, Hirslanden, Groupe Mutuel, Helsana und SWICA gegründet, um ein digitales Gesundheitsökosystem zu entwickeln. Ihr Ziel ist es, die Behandlungsqualität und Prozesseffizienz durch die Entwicklung eines einfachen, benutzerfreundlichen Portals zu verbessern (Kaufmann, 2022). Auch wenn solche Lösungen im Anmarsch sind, bleibt ein wichtiges Problem bestehen: Nutzer:innen können in der Schweiz keine Rückerstattungen für die Nutzung digitaler Technologien erhalten (Sander et al., 2022).
Die Digitalisierung des Schweizer Gesundheitswesens gehört heute für viele Menschen zu den wichtigsten Prioritäten. Alle Akteure versuchen, einen sinnvollen Beitrag zur Digitalisierung des Systems zu leisten, indem sie ihren Teil der Lösung einbringen. Das Unterfangen kann nur dann gelingen, wenn die Behörden den nationalen Rahmen sowe erforderliche Standards vorgeben und alle anderen Beteiligten zusammenarbeiten. Das BAG hat kürzlich eine neue Expert:innengruppe ins Leben gerufen, die sich mit Datenmanagement und Standardisierung befasst (BAG-Expertengruppe, 2022).
Abbildung 11 – Bevorzugte Anbieter einer digitalen Gesundheitsplattform in der Schweiz
Abbildung 12 – Vorteile, die sich die Schweiz von einer digitalen Plattform für Gesundheitswesen erhofft
Das elektronische Patientendossier als Motor der Digitalisierung im Gesundheitswesen – Matthias Glück, die Schweizerische Post
„Die Schweizerische Post glaubt fest an den Wert des elektronischen Patientendossiers (EPD) als Grundstein der digitalen Gesundheitsversorgung. Die Einführung des EPD bedeutet, dass Bürger:innen die volle Kontrolle über ihren Gesundheitsdaten haben. Sie haben jederzeit Zugriff auf ihre eigenen medizinischen Daten und können selbst entscheiden, wer sonst noch Zugang zu ihrem EPD haben soll.
Die Schweizerische Post übernimmt eine führende Rolle als integrierte Anbieterin bei der Einführung und Entwicklung des EPD in der Schweiz. Damit so viele Menschen wie möglich vom EPD profitieren können, wird ihnen der Zugang erleichtert. Bereits jetzt können sie sich in ausgewählten Postfilialen zum EPD beraten lassen und persönlich ein EPD eröffnen. Das Ziel aller Beteiligten am EPD ist und bleibt, dass die Bevölkerung ihre Identität online verifizieren und ein EPD schnell, einfach und elektronisch eröffnen kann.
Dienstleister wie Krankenhäuser und Kliniken profitieren ebenfalls vom EPD. Patient:innen können medizinischen Fachpersonal unkompliziert Zugang zu ihren behandlungsbezogenen Dokumenten gewähren. Damit kann der Diagnoseprozess digital unterstützt werden. Dies reduziert Risiken bei Untersuchungen, verbessert die Behandlungsqualität und trägt zur Kostenkontrolle im Schweizer Gesundheitswesen bei.“
5.2 Gewünschte Vorteile der Plattform
Digitale Tools werden eher vom Markt aufgenommen, wenn sie benutzerfreundlich sind und einen Mehrwert bieten. In den meisten Branchen spielt die Nutzerschaft heutzutage eine wichtige Rolle bei der Entwicklung, dem Testen und beim Einholen von Feedback zu neuen Tools oder Geräten und ihren zentralen Eigenschaften.
Warum sind Menschen zum Beispiel so stark auf ihre iPhones angewiesen? Diese Geräte sind einfach zu bedienen und bieten einen klaren Mehrwert im Vergleich zu normalen Telefonen. Zudem achtet Apple darauf, das Feedback der Nutzer in die Entwicklung der nächsten Smartphone-Generation einfliessen zu lassen (Vigroux, 2020). Dies sorgt für eine hohe Kundenbindung.
Warum sollte das in der Gesundheitsbranche anders sein? Ein Grossteil der bestehenden digitalen Gesundheitslösungen wurden entwickelt, ohne die Hauptnutzenden – die Patient:innen – zu fragen, welche wichtigen Vorteile sie von der Lösung erwarten.
In dieser Umfrage haben wir die Schweizer Bürgerinnen und Bürger gefragt, welche drei Vorteile das digitale Gesundheitssystem ihrer Ansicht nach bieten sollte.
Die wichtigste Anforderung an das System ist die Senkung der Gesundheitskosten (von 37 % angegeben). In der Tat hat das Gesundheitssystem in der Schweiz extrem hohe Ausgaben (Schweizerische Eidgenossenschaft – BFS, 2022), was Prämienerhöhungen nach sich zieht (Keystone-SDA/dos, 2022). Wie im Bericht von McKinsey & Company erwähnt, könnten die Kosten des Schweizer Gesundheitssystems durch die Digitalisierung um 8,2 Milliarden Franken gesenkt werden (Hämmerli et al., 2021).
Die Schweizer Bürgerinnen und Bürger legen grossen Wert darauf, jederzeit und von überall (31 %) auf ihre Gesundheitsdaten zugreifen zu können (27 %), da sie so ihre Gesundheit besser verfolgen und eine aktivere Rolle in ihrem Gesundheitsleben spielen können.
Die Reduzierung redundanter Aufgaben wird ebenfalls als ein wichtiger Vorteil genannt (28 %). Im analogen Gesundheitssystem ist es üblich, dass die Patient:innen dieselben Informationen mehrfach ausfüllen und verschiedene Gesundheitsdienstleister kontaktieren. Eine digitale Lösung, die alle wichtigen Gesundheitsdaten enthält, würde einen grossen Zeitgewinn bedeuten, da die benötigten Daten leicht mit verschiedenen Gesundheitsdienstleistern geteilt werden könnten. Die erleichterte Kommunikation mit den verschiedenen Leistungserbringern im Gesundheitswesen wurde ebenfalls als ein wichtiger Vorteil eines digitalen Gesundheitssystems genannt (28 %). Die Befragten würden es auch begrüssen, wenn sie Zugang zu zusätzlichen Informationen über ihre Krankheiten und Behandlungen hätten (22 %), da sie dadurch ihre Gesundheitskompetenz steigern könnten.
Schweizer Bürger:innen sehen das persönliche Dateneigentum (13 %) und die Aufbewahrung von Daten in der Schweiz (10 %) als weniger wichtige Erfordernisse an, obwohl sie der Meinung sind, dass sie Eigentümer ihrer Gesundheitsdaten sein sollten (siehe Abschnitt 5.2 – Dateneigentum).
Die Zusammenarbeit mit Patientenorganisationen bei der Gestaltung der künftigen Verbesserungen des digitalen Gesundheitssystems (Hämmerli et al., 2021) und die Einführung des EPD werden dazu beitragen, die Bedürfnisse und Anforderungen der Patient:innen an digitale Plattformen miteinzubeziehen. Nur so wird die gesamte Bevölkerung die Lösung übernehmen und ihre Gewohnheiten in Bezug auf ihre Gesundheit ändern.
Der Mehrwert eines universellen Zugangs zu Gesundheitsdaten (unabhängig von Zeit und Ort) – Dr. Susanne Weissbäcker, Josselin Meylan, EY-Parthenon
„Als Einzelperson hängt unsere Gesundheit von mehreren Parametern ab:
🔹Wer wir sind (unser Genotyp, Phänotyp…) 🔹Wie wir leben (was wir essen, wie oft wir uns bewegen, unsere Umgebung…) 🔹Und wie sich dies äussert (unser allgemeiner Gesundheitszustand, Untersuchungsergebnisse…)
Das meiste davon kann als Gesundheitsdaten bezeichnet werden, die wahrscheinlich an sehr unterschiedlichen Orten oder Systemen zu finden sind: In unseren Arztpraxen, in den Krankenhäusern, die wir besuchen, in unseren Geräten, in den Anträgen, die wir bei den Versicherungsgesellschaften einreichen, oder sogar in den Ergebnissen kontrollierter klinischer Studien. Zusammengenommen werden diese Informationen ein Profil von uns ergeben, das drastische Fortschritte in unserer Behandlung ermöglichen wird:
🔹Unsere Krankheiten können früher diagnostiziert werden, und zwar aufgrund sehr früher Anzeichen 🔹Für die weniger Glücklichen kann die richtige Behandlung mit weniger Fehlversuchen ermittelt werden 🔹Geeignete Behandlungsmethoden können schnell identifiziert werden
Insgesamt kann die Kombination von Informationen zu einer echten personalisierten Behandlung führen, mit besseren Ergebnissen bei geringeren Grenzkosten für die Gesellschaft – ganz abgesehen von den Kosteneinsparungen, die durch die Vermeidung doppelter Untersuchungen entstehen, weil die Daten nicht zum nächsten Gesundheitsdienstleister weitergeleitet wurden. Um diesen Mehrwert zu realisieren, werden Systeme, die für Datenschutz und Zustimmung der Patienten sorgen und einen rechtzeitigen Zugang zu Gesundheitsdaten bieten, eine entscheidende Rolle spielen… und nur eine enge Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten des Gesundheitssystems wird dies ermöglichen.“
Benutzerfreundlichkeit und Wert eines elektronischen Patientendossiers – Thomas Gross, BINT and ofac
„Der Wert des elektronischen Patientendossiers (EPD) ist heute unbestreitbar enorm und unverzichtbar: Wir alle können unsere sensiblen Gesundheitsdaten an einem hochsicheren, eidgenössisch zertifizierten Ort in der Schweiz speichern (und nicht in einer Cloud bei Google oder Apple). Dank einem ebenso sicheren Netzwerk können wir bei Bedarf denjenigen, die uns behandeln werden, Zugriff auf unsere Daten geben. Unser Umgang mit diesen Personen ändert sich grundlegend: Wir wechseln von einer eher passiven Rolle zu gleichberechtigten Teilnehmer:innen. Behandlungsdaten, Patient:innenmessdaten und Präventionsdaten verbinden sich zu einem Ganzen. Die Qualität der Behandlung verbessert sich und die Kosten sinken.
Dieses EPD ist verfügbar, und es funktioniert grundsätzlich. Allerdings ist die Benutzerfreundlichkeit noch nicht zufriedenstellend. Das Onboarding, der Identifikationsprozess, das Ausfüllen, die Integration von strukturierten Daten aus verschiedenen Quellen oder die Vernetzung mit anderen Apps müssen dringend vereinfacht werden. Das BAG hat die Verantwortung, solche Vereinfachungen voranzutreiben. Es darf die Benutzer nicht wieder mit übertriebenem Datenschutzdenken behindern. Wenn dies berücksichtigt wird, werden wir staunen, wie viel Innovation und praktischen Nutzen im Laufe der Zeit zu einer bereits bemerkenswerten Ausgangslage hinzukommen wird!“
5.3 Dateneigentum
Aus rechtlicher Sicht ist Eigentum definiert als der Zustand, exklusive Rechte und Kontrolle über eine Sache zu haben (Law, 2022). Alan Westin schlug in den 1960er Jahren vor, persönliche Daten als Objekt von Eigentumsrechten anzuerkennen (Westin, 2015). In diesem Sinne sollten persönliche Gesundheitsdaten rechtlich gesehen Eigentum der Patienten sein. Leider ist das nicht so leicht, wie es scheint.
Einrichtungen, die Gesundheitsdaten sammeln, sind oft der Ansicht, dass sie Eigentümerinnen der Daten sind. Tatsächlich sind sie lediglich „Datenverwahrerinnen“ und die Daten sind Eigentum der Patient:innen. Das bedeutet, dass diese ihre Zustimmung geben müssen, damit die Daten ausserhalb der klinischen Einrichtung verwendet werden können (Hulsen et al., 2019).
Im Rahmen der Umfrage sollte erhoben werden, was die Schweizer Bevölkerung von dieser kritischen Frage des Dateneigentums hält. Wie erwartet, möchten mehr als zwei Drittel der Befragten (68 %) die rechtlichen Eigentümer ihrer persönlichen Gesundheitsdaten sein. Das elektronische Patientendossier (EPD) geht in diese Richtung, da die Patientinnen und Patienten selbst die Kontrolle darüber haben, wer auf ihre Gesundheitsdaten im elektronischen Patientendossier zugreifen kann oder nicht (Schweizerische Eidgenossenschaft, 2017). Fast ein Viertel (22 %) möchten, dass ihr Hausarzt bzw. ihre Hausärztin der rechtliche Eigentümer der Daten ist. Je älter die Menschen sind, desto eher wünschen sie sich, dass ihre Ärztinärztin bzw. ihr Arzt die Rechte an und die Kontrolle über ihre Daten hat (65+ Jahre: 36 %). Dies könnte daran liegen, dass die ältere Bevölkerung ihren Ärzt:innen mehr vertraut als sich selbst, wenn es darum geht, den Überblick über ihre Gesundheit zu behalten.
Je gebildeter oder wohlhabender Personen sind, desto eher möchten sie selbst über ihre Daten verfügen (hohe Bildung: 78 %, wohlhabend: 70 %). Sie haben Zugang zu mehr Informationen und verstehen daher besser, was es für sie bedeutet, Kontrolle über ihre eigenen Daten zu haben.
Zwischen den verschiedenen Regionen der Schweiz zeigen sich signifikante Unterschiede. Die Deutschschweiz hat eine stärkere Bereitschaft, rechtliche Eigentümer ihrer Gesundheitsdaten zu sein (71 % gegenüber W-CH: 57 % und I-CH: 60 %), was dadurch zu erklären sein könnte, dass die Deutschschweizer ein höheres Zutrauen in die individuelle Verantwortung haben, die ihrer Meinung nach zu kollektiver Verantwortung führt (Bradley, 2020).
Befragte mit hoher digitaler Kompetenz und Gesundheitskompetenz haben ebenfalls einen stärkeren Wunsch, Eigentümer ihrer Daten zu sein (sehr gute digitale Kompetenz: 71 %, sehr gute Gesundheitskompetenz: 69 %). Sie verfügen über höhere Kompetenzen in beiden Bereichen und haben daher ein besseres Verständnis dafür, was es bedeutet, über seine persönlichen Gesundheitsdaten zu verfügen.
In Zukunft sollen die Patientinnen und Patienten die rechtlichen Eigentümerinnen und Eigentümer aller ihrer Gesundheitsdaten sein und somit Kontrolle über ihre Daten haben (sie können die Daten jederzeit löschen). Die Patienten sollten auch die Kontrolle darüber haben, welche Daten für die sekundäre Nutzung (z.B. für die Forschung) verwendet werden können, und zwar anhand der Einverständniserklärung für Patient:innen (swissethics, 2021).
Abbildung 13 – Wahrnehmung der Schweizer Bürger:innen zum rechtlichen Eigentum an persönlichen Gesundheitsdaten
Die Rolle der Regierung bei der digitalen Transformation des Gesundheitswesens – Mathias Becher, BAG
„Das Gesundheitswesen ist eine kollektive Angelegenheit, bei der die Bürger:innen die Hauptakteur:innen sind. Die Zusammenarbeit aller Beteiligten ist der entscheidende Faktor für einen patientenzentrierten Weg zu einer erfolgreichen digitalen Transformation des Gesundheitssystems. In Anbetracht der föderalistischen Organisation des Schweizer Gesundheitswesens mit einer Reihe von verschiedenen Teilnehmer:innen und Parteien mit unterschiedlichen Verantwortlichkeiten ist die Rolle des Staates vielfältig: Er garantiert den nötigen regulatorischen Rahmen, der die Digitalisierung fördert und die geeigneten Voraussetzungen für die Einrichtung eines digital getriebenen Ökosystems im Gesundheitswesen schafft, er fördert die Entwicklung einer gemeinsamen Architektur und gemeinsamer Standards, er orchestriert die Zusammenarbeit aller Teilnehmenden des Datenökosystems und sorgt für die richtigen Anreize. Ausserdem soll die Regierung ihre eigenen digitalen Prozesse als Teil des gemeinsamen digitalisierten Ökosystems implementieren, basierend auf der gemeinschaftlich entwickelten Architektur.“
Die Rolle der Krankenhäuser bei der digitalen Transformation des Gesundheitssystems – Sebastiano Caprara, Universitätsklinik Balgrist
„Die Gesundheitssysteme stehen derzeit vor zahlreichen Herausforderungen, darunter eine alternde Bevölkerung, ein Mangel an Arbeitskräften und der Druck, Höchstleistungen zu bieten und gleichzeitig die Kosten zu senken[1]. Da der Paradigmenwechsel zu elektronischen Patientendossiers rasch an Schwung gewinnt, wird das Potenzial der Digitalisierung deutlich, diese Herausforderungen zu bewältigen. Datengesteuerte Technologien wie Geräte zur Fernüberwachung von Patient:innen, Vorhersage von Risikofaktoren und radiologische Analysen entwickeln sich zu ausgereiften Methoden, die den klinischen Arbeitsablauf unterstützen und möglicherweise auch zu Kostensenkungen führen können[2]. Für eine erfolgreiche klinische Übertragung dieser Methoden ist die Digitalisierung von wesentlicher Bedeutung, sie erfordert jedoch auch eine wirksame Verbindung von Patientendossiers und deren Interoperabilität.
Um die Schnittstelle zwischen neuen Technologien und dem Gesundheitssystem zu optimieren, sollten Krankenhäuser die Art und Weise, wie digitale Werkzeuge in traditionelle klinische Dienstleistungen integriert werden können, strategisch neu gestalten. Eine vollständige Integration wird sich für die Verbesserung der Patient:innenbetreuung als äusserst effektiv erweisen und somit das Vertrauen der Bevölkerung in digitale medizinische Technologien stärken. Da das Vertrauen der Patient:innen für die erfolgreiche Entwicklung einer personalisierten Behandlung entscheidend ist und da die Mehrheit der Patient:innen das grösste Vertrauen in ihre Ärzte und medizinischen Institutionen hat[3], müssen Krankenhäuser eine zentrale Rolle bei der kontinuierlichen Entwicklung digitaler Gesundheitslösungen spielen. Nur so werden wir in der Lage sein, datengesteuerte Technologien erfolgreich in das Gesundheitswesen zu integrieren.“
References [1] Bajwa J, Munir U, Nori A, Williams B. Artificial intelligence in healthcare: transforming the practice of medicine. Future Healthcare Journal 2021 Vol 8, No 2: e188–94 [2] Rajkomar A, Oren E, Chen K, Dai A.M. et al. Scalable and accurate deep learning with electronic health records. NPJ Digital Medicine (2018) 1:18 [3] Brall C, Berlin C, Zwahlen M, et al. Public preferences towards data management and governance in Swiss biobanks: results from a nationwide survey. BMJ Open 2022; 12: e060844
Die Rolle der Versicherungen bei der digitalen Transformation des Gesundheitssystems – Pius Zängerle, curafutura
„Die Schweizer Bevölkerung ist stolz darauf, ein gut etabliertes und renommiertes Gesundheitssystem zu haben. Gleichzeitig ist man der Meinung, dass der Digitalisierungsgrad des Sektors nur durchschnittlich ist und nicht so hoch wie in anderen Bereichen der Schweizer Wirtschaft, in denen die Schweiz weltweit führend ist.
Versicherungsunternehmen könnten bei der Digitalisierung die Rolle eines Impulsgebers einnehmen, da sie regelmässige Kontakte zu allen Einwohner:innen des Landes haben, sowohl zu Patient:innen als auch zu Versicherten. Sie sind daher in einer dominanten Stellung, um Apps und Daten im Zusammenhang mit Gesundheit und Versicherung bereitzustellen. Wenn es den Versicherern gelingt, Patient:innen Funktionen zur Verfügung zu stellen, können sie der Digitalisierung den Weg öffnen. Aus wirtschaftlicher Sicht und hinsichtlich der relativ kleinen Bevölkerung ist es entscheidend, dass die Schweizer Versicherer Lösungen unterstützen, bei denen verschiedene Teilnehmende – Anbieter und Versicherer – Wege finden, gemeinsame Plattformen (oder Ökosysteme oder Portale) zu schaffen, um wirtschaftlichen Erfolg der Digitalisierung bei minimaler Komplexität zu erreichen.“
Die Rolle der Pharmaindustrie bei der digitalen Transformation des Gesundheitssystems – Marie-Jeanne Semnar, Interpharma
„Damit ein offenes Ökosystem für Gesundheitsdaten seine gesamten potenziellen Vorteile entfalten kann – sowohl für das Gesundheitswesen als Ganzes als auch für Patient:innen und die Forschung – müssen alle beteiligten Akteure ihren Beitrag leisten. Das gilt natürlich auch für die Pharmaindustrie. Die pharmazeutischen Unternehmen sind sich ihrer Verantwortung bewusst: Die Mitglieder von Interpharma leisten bereits wertvolle Beiträge, die die Entwicklung und den Aufbau eines Ökosystems für Gesundheitsdaten fördern.
Sie stellen Fachwissen, Ressourcen und ihr internationales Netzwerk zur Verfügung, investieren in die Entwicklung und Pflege von Teilökosystemen und beteiligen sich an einer Vielzahl von Kooperationen, z. B. mit Universitäten oder der Regierung (z. B. öffentlich-private Partnerschaft). Zudem schulen sie Mitarbeitende und Lernende in Datenkompetenz und geben strukturierte Daten an andere Forschende und Beteiligte weiter.
Im Umgang mit Daten sind Pharmaunternehmen ethischen Standards verpflichtet und fordern eine klare Regelung der sekundären Nutzung von Gesundheitsdaten. In diesem Sinne beteiligen sich die Pharmaunternehmen aktiv am gesellschaftlichen Dialog über den Wert des Ökosystems der Gesundheitsdaten.“
Kapitel 6: Vertrauen in Schweizer Institutionen
Vertrauen ist wichtig. Heutzutage ist Vertrauen schwer zu gewinnen, aber leicht zu verlieren. Um das Vertrauen der Bevölkerung zu erhalten, muss die Schweiz zeigen, dass sie strenge Standards in Bezug auf die Sicherheit der Dateninfrastruktur einhält. Der Staat ist verpflichtet, sorgfältig mit den Daten der Bevölkerung umzugehen, transparent mit den Bürger:innen zu kommunizieren und in einen Dialog mit der Öffentlichkeit einzutreten (Bergamin, 2018). In den letzten Jahren ist in der Schweiz ein massiver Vertrauensverlust zu erkennen, vor allem in der mittleren Generation (40 bis 64 Jahre) mit einem Rückgang von 40 % zwischen 2018 und 2020 in der Bereitschaft, elektronische Gesundheitsdaten zu speichern (Golder & Jans, 2020). In der Umfrage wurden die Bürger:innen gefragt, wie sehr sie verschiedenen Schweizer Institutionen (Krankenhäuser, Behörden, private Organisationen und Non-Profit-Organisationen) auf einer Skala von 1 bis 5 vertrauen (1= kein Vertrauen bis 5= hohes Vertrauen). Die nächsten Abschnitte liefern einen tieferen Einblick in die verschiedenen Organisationen.
6.1 Vertrauen in Gesundheitsdienstleister (inkl. Krankenhäuser)
Wie in Abbildung 14 dargestellt, haben 70 Prozent der Befragten ein hohes Vertrauen in Krankenhäuser (Skalenwerte 4-5), allen voran die ältere Generation (80 %). Allgemeinmediziner:innen werden als vertrauenswürdige Partner für die Datenverarbeitung angesehen (Golder & Jans, 2020). Ein Vertrauensverhältnis zwischen medizinischem Personal und Patient:innen führt zu besseren Ergebnissen bei der ärztlichen Behandlung. Das Vertrauen muss von beiden Seiten kommen, wobei jede Partei ihre Rechte und Pflichten kennen muss (Schweizerische Eidgenossenschaft – BAG, 2022). Ältere Menschen neigen dazu, anderen Menschen und Institutionen mehr zu vertrauen (Knecht & Manz, 2022).
Menschen mit hoher Gesundheitskompetenz und hoher digitaler Kompetenz haben mehr Vertrauen in Gesundheitsdienstleister als Menschen ohne solche Kenntnisse (hohe Gesundheitskompetenz: 74 %; hohe digitale Kompetenz: 73 %). Dies ist darauf zurückzuführen, dass sie mehr Wissen und Verständnis und somit höhere Erwartungen an die Krankenhäuser haben, was zu einem höheren Vertrauen führt (Bertram et al., 2021).
6.2 Vertrauen in öffentliche Behörden
Trotz der COVID-19-Pandemie hat die Schweizer Bevölkerung ein hohes Vertrauen in die Regierung (Swissinfo, 2021). Fast die Hälfte der Befragten (47 %) hat ein hohes Vertrauen in die öffentlichen Behörden (Skalenwerte 4-5) (siehe Abbildung 15).
Männer vertrauen der Regierung stärker als Frauen (54 % gegenüber 40 %). Dies ist auch in den meisten OECD-Ländern4 der Fall, wie im Trust Survey 2021 (OECD, 2022) dargelegt.
Je jünger und gebildeter die Befragten sind, desto mehr Vertrauen haben sie in die Regierung (18-39 Jahre: 51 %; hohe Bildung: 54 %). Die junge Bevölkerung legt grossen Wert auf eine transparente Kommunikation zu Gesundheitsthemen, was beispielsweise während der Pandemie der Fall war. Dies führt zu einem höheren Vertrauensniveau (Gonzálvez-Gallego & Nieto-Torrejón, 2021). Akteure, die ihre Gesundheits- und digitale Kompetenz als hoch einschätzen und sich weniger Sorgen um die Digitalisierung machen, haben auch ein höheres Vertrauen in die Behörden (hohe Gesundheitskompetenzen: 51 %, hohe digitale Kompetenzen: 54 %, nicht besorgt über die Digitalisierung: 58 %). Menschen mit hohem Bildungsstand und ausgeprägten digitalen und/oder Gesundheitskompetenzen haben ein umfassenderes Verständnis davon, wie die Behörden mit ihren Gesundheitsdaten umgehen werden, und dies führt zu einem höheren Vertrauen als bei weniger gebildeten Menschen. Personen, die weniger besorgt über die Digitalisierung sind, haben mit höherer Wahrscheinlichkeit ein grösseres Vertrauen in die Vorgehensweise des Staates im Umgang mit ihren persönlichen Daten.
⁴ OECD-Länder: Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist eine zwischenstaatliche Organisation mit 38 Ländern, die 1961 gegründet wurde, um den wirtschaftlichen Fortschritt und den Weltmarkt zu fördern ( https://www.oecd.org).
6.3 Vertrauen in den privaten Sektor
Der private Sektor des Gesundheitswesens umfasst Versicherungen, Pharmaunternehmen, MedTech und BioTech. Es umfasst alle Unternehmen, die nicht im Besitz des Staates sind oder von ihm kontrolliert werden, aber Gesundheitsdienstleistungen anbieten. In der Umfrage war dies der Sektor, dem die Schweizer Bürger:innen am wenigsten vertrauten. Nur ein Fünftel der Befragten hat ein eher hohes Vertrauen in sie (22 %). Die Befürchtung besteht, dass private Unternehmen im Gesundheitssektor nur in ihrem eigenen Interesse und nicht im Interesse der Gesellschaft agieren und ihre Daten daher nur zu Profitzwecken verwendet werden (Gille et al., 2021).
Die junge Generation sowie die wohlhabende und obere Kaufkraftklasse haben das grösste Vertrauen in den privaten Sektor (18-39 Jahre: 27 %, höhere durchschnittliche und wohlhabende Kaufkraft: 26 %).
6.4 Vertrauen in Non-Profit-Organisationen
Zu den Non-Profit-Organisationen im Gesundheitsbereich gehören Organisationen wie die WHO5, das Schweizerische Rote Kreuz6, Ärzte ohne Grenzen7 und viele mehr. Zwei Fünftel der Befragten (40 %) haben ein (eher) hohes Vertrauen in NPOs (Skalenwerte 4/5). Dies korreliert mit dem Edelman Trust Barometer 2022, das einen Vertrauensanstieg in multinationale Institutionen wie die WHO zeigt (Edelman, 2022).
Die junge Generation hat erneut ein etwas höheres Vertrauen als die älteren Generationen (18-39 Jahre: 45 % gegenüber 40-64 Jahre: 38 % und 65+ Jahre: 40 %). Wir können feststellen, dass die junge Generation in der Schweiz dazu neigt, den verschiedenen Gesundheitsorganisationen mehr zu vertrauen als die anderen Generationen.
Zudem haben Personen, die ihre Gesundheits- und digitalen Kompetenzen als hoch einschätzen, auch ein grösseres Vertrauen in NPOs als diejenigen, die ihre Kompetenzen als niedrig einschätzen (hohe Gesundheitskompetenzen: 44 %, hohe digitale Kompetenzen: 45 %). Menschen mit höheren Kompetenzen haben ein besseres Verständnis dafür, was Non-Profit-Organisationen tatsächlich tun, und daher ein grösseres Vertrauen in das, was sie mit ihren Gesundheitsdaten tun könnten.
6.5 Gegenüberstellung
Gesundheitsdienstleister (inkl. Krankenhäuser) sind in der Schweiz die Organisationen, die das meiste Vertrauen im Umgang mit Gesundheitsdaten erhalten, gefolgt von der Regierung, während der private Sektor das geringste Vertrauen geniesst. Der Aufbau von Vertrauen in verschiedene Organisationen ist der Schlüssel zur Digitalisierung des gesamten Gesundheitssystems. Das Gesundheitspersonal und die Regierung werden eine zentrale Rolle bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems in der Schweiz spielen. Die Kommunikation wird ein wichtiger Teil der Transformation sein, um sicherzustellen, dass die Bevölkerung genau versteht, wie mit ihren Daten umgegangen wird und was der Mehrwert einer solchen Transformation ist.
⁵WHO: Behörde der Vereinten Nationen, die sich für die Förderung der Gesundheit und die Sicherheit in der Welt einsetzt und den Bedürftigen dient
(https://www.who.int/)
⁶Das Hauptziel des Schweizerischen Roten Kreuzes ist die Erhaltung, Förderung und Wiederherstellung der Gesundheit aller Menschen (https://www.redcross.ch/en)
⁷Ärzte ohne Grenzen hilft Opfern von Epidemien, Naturkatastrophen, Konflikten oder Ausschluss von der Gesundheitsversorgung (https://www.msf.org/switzerland)
Abbildung 14 – Vertrauen in Gesundheitsdienstleister (inkl. Krankenhäuser)
Abbildung 15 – Vertrauen in Behörden
Abbildung 16 – Vertrauen in den privaten Sektor
Abbildung 17 – Vertrauen in Non-Profit-Organisationen
Kapitel 7: Treiber und Hindernisse für den Austausch von Gesundheitsdaten
7.1 Getroffene Massnahmen vor dem Datenaustausch
In der heutigen Gesellschaft teilen Menschen verschiedene Arten von Daten mit anderen auf unterschiedlichen Plattformen. Oft überprüfen sie vor der Weitergabe nichts und wissen daher nicht, wo ihre Daten gespeichert oder verarbeitet werden. Es ist besonders wichtig, eine Lösung zu finden, die den Menschen die Kontrolle über ihre Daten zurückgibt und ihnen das Entscheidungsrecht über ihre Daten gibt (Fontanet, 2022). Dies ist ein komplexes Problem, da die Daten, sobald sie weitergegeben werden, leicht kopiert werden können und dadurch die Kontrolle über die Daten verloren gehen kann. Daher ist es wichtig, bestimmte Kriterien zu beachten, bevor persönliche Daten, insbesondere Gesundheitsdaten, weitergegeben werden.
Wir haben die Schweizer Bevölkerung gefragt, welche Vorsichtsmassnahmen sie vor der Nutzung ihrer Gesundheitsdaten in der Regel treffen (sammeln, speichern, bearbeiten oder weitergeben). Die Umfrageergebnisse sind in Abbildung 18 zu sehen.
Zwei Fünftel der Befragten (40 %) wollen überprüfen, wer Zugriff auf ihre Daten haben wird. Etwa ein Drittel möchte wissen, wofür die Daten verwendet werden (32 %) oder wie sie geschützt werden (31 %). Nur wenige Befragte ergreifen keine Massnahmen, obwohl sie die Konsequenzen kennen (7 %).
Ein weiteres Drittel (31 %) gibt keine klaren Massnahmen an. Entweder haben sie keine Erfahrung in diesem Bereich (15 %), weil sie niemals Gesundheitsdaten sammeln, speichern, verarbeiten oder weitergeben würden (14 %) oder sie geben keinen Grund an, warum sie die Frage nicht beantwortet haben (2 %).
Die ältere Generation neigt im Gegensatz zur jüngeren eher dazu, sich darüber zu informieren, was mit ihren Gesundheitsdaten passiert (wenn sie ihre Gesundheitsdaten sammeln, speichern, bearbeiten oder weitergeben). Dies könnte dadurch erklärt werden, dass die Befragten über 65 Jahre alt sind und daher zurückhaltender gegenüber der Digitalisierung sind. Sie achten auch mehr darauf, wie ihre Daten verarbeitet werden, wenn sie sich entscheiden, sie zu speichern oder weiterzugeben.
In der Zukunft des Gesundheitswesens wird die Digitalisierung eine zentrale Rolle spielen. Daher ist es wichtig, dass Bürger den Wert von Daten erkennen und aufmerksamer darauf achten, wie diese genutzt werden. Es müssten ausführliche Richtlinien für den Umgang mit diesen Daten festgelegt werden (Hoffmann, 2018). Das Sammeln, Speichern und Weitergeben von Daten werden regelmässige Aktivitäten sein, die von jedem durchgeführt werden müssen – aber auf eine elegantere Art und Weise, um die volle Kontrolle und den Besitz der Daten durch ihren Eigentümer zu gewährleisten..
Abbildung 18 – Getroffene Massnahmen vor dem Datenaustausch
Abbildung 19 – Bedingungen für den Austausch persönlicher Gesundheitsdaten
Mehrwert des Datenaustauschs – Anna Kuruvilla, SwissRe
„Wenn wir persönliche Gesundheitsdaten weitergeben oder offenlegen, können wir uns gefährdet fühlen. Dies liegt an der Angst, nicht zu wissen, was mit diesen Daten passiert und wie sie verwendet werden. Um auf solche berechtigten Bedenken zu reagieren, sind vertrauensbildende Massnahmen nötig, um deutlich zu machen, dass die Akteure/Anbieter eine gerechte, sichere und verständliche Behandlung der Daten sicherstellen wollen.
Der gesamtheitliche Ansatz besteht darin, dass die gemeinsame Nutzung dieser Daten viele Vorteile für Patient:innen, Ärzt:innen, Krankenhäuser, Versicherer usw. haben kann.
Für die Patienten bedeutet die Transparenz sowie der tiefere Einblick, die der Datenaustausch ermöglicht, dass eine beginnende Erkrankung ganzheitlich betrachtet werden kann. Dies ermöglicht eine bessere Prävention. Ärzt:innen und Krankenhäusern wiederum stehen Informationen zur Verfügung, die ihnen helfen, umfassende und nachhaltige Behandlungsmassnahmen zu ergreifen. Versicherer haben die Möglichkeit, individuellere Angebote zu machen oder nichtpersonenbezogene Daten zu nutzen, um ihre Risikoprofile zu optimieren.
Die Förderung des Vertrauens der Patient:innen ist entscheidend. Es ist wichtig, alle Beteiligten zu informieren, wie Transparenz, Sicherheit, Eigentum und ethische Verantwortung definiert und garantiert werden. Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Datenlieferanten, Datenverarbeitern und Verbraucher:innen ist daher unerlässlich.
Ein solches Ökosystem muss dem Wohlbefinden der Menschen dienen und einen sichtbaren Mehrwert für Ärzt:innen, Krankenhäuser, Versicherer und auch für die Schweiz schaffen. Mit solchen Fortschritten in der Digitalisierung könnte das Schweizer Gesundheitswesen nicht nur in der Behandlung, sondern auch in der Effizienz einen wichtigen Schritt nach vorne machen.“
7.2 Bedingungen für den Austausch persönlicher Gesundheitsdaten
Der Datenaustausch in der Schweiz beginnt mit der Erlaubnis/Zustimmung der Dateneigentümer:innen. Daher ist es sehr wichtig, die Faktoren besser zu verstehen, die die Bereitschaft zur Weitergabe persönlicher Gesundheitsdaten beeinflussen (Pletscher et al., 2022).
Wie aus Abbildung 19 hervorgeht, ist die Verbesserung der Diagnose- und Behandlungsqualität (52 %) die Hauptmotivation für die Weitergabe von Daten. An zweiter Stelle folgt die Nutzung der Daten, nach ihrer Anonymisierung, für Forschungszwecke (41 %). Etwa ein Drittel erwartet positive Auswirkungen auf die Krankenversicherung (34 %) oder andere finanzielle Vorteile (34 %). Für ein Zehntel der Befragten (12 %) ist keine dieser Bedingungen Grund genug, ihre persönlichen Gesundheitsdaten weiterzugeben.
Am häufigsten werden altruistische Gründe genannt. Dies steht im Einklang mit dem heutigen Gesundheitssystem, dessen Ziel die optimale Heilung von Patient:innen ist. Die sekundäre Nutzung klinischer Daten für Forschungszwecke ist sehr wichtig, da sie es uns ermöglicht, neue Medikamente und Lösungen mit realen Daten zu testen. Heutzutage werden Menschen in der Schweiz bei jedem Besuch eines Krankenhauses oder Pflegezentrums automatisch um ihr Einverständnis gebeten, wenn das Zentrum Forschungen oder Projekte mit ihren klinischen Daten durchführen möchte. Sie werden gefragt, ob sie damit einverstanden sind, dass ihre Daten anonymisiert (d.h. die Identifikatoren8 zu entfernen) und zu Forschungszwecken verwendet werden (swissethics, 2021). Während der COVID-19-Pandemie waren Patienten bereit, ihre klinischen Daten zu teilen, um die Forschung zu unterstützen und in kürzester Zeit eine Impfung zu entwickeln (Tosoni, 2022). Dies war das erste Mal in der Geschichte, dass Forscher:innen Zugang zu so vielen Echtzeitdaten hatten und weltweit zusammenarbeiteten. So war es möglich, die erste Impfung (Pfizer) in nur einem Jahr zu entwickeln (Solis & Guildford, 2021).
Obwohl sie weniger hoch bewertet werden, sehen Bürger:innen auch finanzielle Vorteile im Teilen ihrer Daten. Sie haben einen höheren Anreiz, neue digitale Tools aufzunehmen, wenn sie finanzielle Vorteile daraus ziehen.
Die ältere Generation ist hauptsächlich dazu bereit, ihre Daten zu teilen, um eine bessere Behandlung und Diagnostik zu erhalten (62 %), und weniger wegen finanzieller Anreize (21 %). Dies lässt sich dadurch erklären, dass sie älter werden und dies direkte Auswirkungen auf ihre Gesundheit hat. Ihr Wohlbefinden ist ihnen daher wichtiger als jeder finanzielle Anreiz.
Die besser ausgebildeten Befragten sehen einen Mehrwert in der verbesserten Behandlung (57 %) und in der Nutzung zu Forschungszwecken (50 %) als andere. Dies wurde bereits in einer gross angelegten Umfrage aus dem Jahr 2021 festgestellt (Brall et al., 2021). Möglicherweise liegt dies daran, dass diese Personengruppe aufgrund ihres Zugangs zu mehr Informationen den Mehrwert der primären und sekundären Nutzung von Daten besser versteht.
In der Schweiz sollten mehr Anstrengungen unternommen werden, um die Öffentlichkeit über den Datenaustausch aufzuklären, damit Patient:innen genau wissen, wie und von wem ihre Daten verarbeitet werden (O’Connor et al., 2017). Wenn der Mehrwert klar kommuniziert und verstanden wird, sollte die Annahme digitaler Tools und der Übergang zu einem digitalen Gesundheitssystem erleichtert werden.
⁸ Identifikator: Jedes Merkmal, das eine Person eindeutig identifiziert und es einer anderen Person ermöglicht, die Identität dieser Person anzunehmen.
7.3 Bedenken hinsichtlich des Teilens von Gesundheitsdaten
Die Digitalisierung hat in den letzten Jahren stark zugenommen, insbesondere nach der COVID-19-Pandemie, was auch zu grösseren Cyberrisiken im Gesundheitswesen führt. Zu diesem Zweck hat die Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) Richtlinien zum Datenschutz und zur Informationssicherheit entwickelt, die auf den Empfehlungen des NCSC (Nationalen Zentrum für Cybersicherheit) zur Cybersicherheit im Gesundheitssektor beruhen. Cybersicherheit ist ein entscheidender Aspekt für die Robustheit und Verfügbarkeit von kritischen Gesundheitsdiensten (Schweizerische Eidgenossenschaft – NCSC, 2022). Um die positiven Auswirkungen der Digitalisierung im Gesundheitswesen in vollem Umfang zu garantieren, muss sie gut gesichert und gewartet werden.
Wir wollten besser verstehen, was die Schweizer Bevölkerung über die Digitalisierung ihrer persönlichen Gesundheitsdaten denkt und wie besorgt sie darüber ist.
Ein etwas höherer Anteil der Bevölkerung steht der Digitalisierung unbesorgt gegenüber, 36 % wählten Skalenwert 1-2. Dagegen sind 31 % sehr besorgt, sie wählten Skalenwert 4-5. Daraus ergibt sich ein Gesamtdurchschnitt von 2,9 auf einer 5er-Skala für den Grad der allgemeinen Besorgnis (ungefähr die Mitte der Skala). Die Untergruppen unterscheiden sich nicht signifikant voneinander.
Im zukünftigen System sollten wir, um Bedenken zu verringern, darauf achten, dass die Digitalisierung der gesamten Bevölkerung gut erklärt wird, um Ungleichheiten beim Zugang zu Informationen zu vermeiden. Auch der Datenschutz sollte im Vordergrund stehen, um Datenpannen oder Cyberangriffe zu verhindern. Der nächste Abschnitt wird uns helfen, die verschiedenen Ängste der Bevölkerung bezüglich der digitalen Transformation besser zu verstehen.
Abbildung 20 – Bedenken hinsichtlich des Austauschs von Gesundheitsdaten
Wie kann die Sicherheit des digitalen Gesundheitssystems garantiert werden, um Datenpannen zu vermeiden – Garif Yalak, Cisco
„In den letzten Jahren wurde das Gesundheitswesen zum Ziel Nummer 1 für Cyberkriminelle. Schon vor der COVID-19-Pandemie berichteten 76 % der Gesundheitsdienstleister, dass sie einer erheblichen Sicherheitsbedrohung ausgesetzt waren. In seinem jährlichen Trendreport hat Cisco9 herausgefunden, dass für den Grossteil des Jahres 2021 das Gesundheitswesen die am häufigsten angegriffene Branche war.
Organisationen im Gesundheitswesen sind besonders anfällig für Bedrohungen, wenn es um das Internet of Things (IoT) geht. Ausserhalb der physischen Einrichtungen müssen Sicherheitsexpert:innen im Gesundheitswesen auch medizinische Geräte, Wearables, Telemetriegeräte und Gesundheits-Apps berücksichtigen. Verbundene medizinische Geräte, Fremdgeräte und -systeme sowie die Umgebung sollten ebenfalls berücksichtigt werden.
Wenn Organisationen im Gesundheitswesens ihre Strategie zur Stärkung ihrer Sicherheitslage definieren, raten wir ihnen, diese Strategie auf 3 wichtige Säulen zu stützen: Menschen, Technologie und Prozesse.
Aus technologischer Sicht besteht der vollständigste und sinnvollste Ansatz darin, die Sicherheit als ein Ganzes zu betrachten und nicht als eine Reihe einzelner Komponenten Neben der Technologie ist die Ausbildung der Mitarbeitenden von grösster Bedeutung. 95 % der Angriffe sind aufgrund menschlicher Fehler erfolgreich. Branchenakteure wie Cisco bieten über Programme wie die Cisco Networking Academy kostenlose Ausbildungskurse in Cybersecurity an.“
⁹Cisco Talos Incident Response Team
7.4 Ängste hinsichtlich der Digitalisierung von Gesundheitsdaten
„Jede Person hat Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten.“ (Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 1999).
Daher ist die Erhebung und Verwendung sensibler Daten, wie z.B. personenbezogener Gesundheitsdaten, nur dann zulässig, wenn eine angemessene Rechtsgrundlage vorliegt, wenn ein öffentliches Interesse nachgewiesen wird, wenn der Dateninhaber in Kenntnis der Sachlage zustimmt oder wenn die Daten anonymisiert werden (DPA, 2011).
In den vergangenen Jahren haben die Medien häufig auf Verstösse bei der Handhabung von Gesundheitsdaten aufmerksam gemacht. Im Jahr 2019 landeten sensible medizinische Daten, darunter 200’000 Patient:innenbilder, auf ungesicherten Servern. Dies war darauf zurückzuführen, dass diese Gesundheitsdaten ursprünglich auf Servern mit mangelhafter Sicherheit gespeichert waren (Keystone-SDA/AFP/ts, 2019). Es ist sehr wichtig, Gesundheitsdaten auf Servern zu speichern, die geschützt und gut gewartet sind. Eine weitere bedeutende Datenpanne fand Anfang 2021 bei der Stiftung Meineimpfungen statt. Die kostenlose Plattform ermöglichte es den Menschen, eine elektronische Version ihres Impfpasses zu erstellen, um die regelmässige Aktualisierung ihres Impfstatus zu gewährleisten. Sie wurde von der Schweizer Regierung unterstützt. Der Plattform wurde vorgeworfen, 450’000 Impfdaten von 240’000 Personen offen zugänglich und anfällig für Manipulationen gemacht zu haben. Dies führte dazu, dass der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte (EDÖB) gemäss Bundesgesetz über den Datenschutz und nach Rücksprache mit dem Nationalen Cyber-Sicherheitszentrum (NCSC) ein Verfahren gegen Meineimpfungen eröffnete (Keystone-SDA/ac, 2021).
Diese extremen Beispiele, obwohl sie eher selten sind, verunsichern Schweizer Bürger:innen hinsichtlich der Digitalisierung ihrer Gesundheitsdaten, da sie befürchten, dass diese missbraucht oder falsch gespeichert werden könnten.
In der Umfrage wollten wir ein besseres Gefühl für die Ängste der Schweizer Bevölkerung im Hinblick auf die Digitalisierung ihrer Gesundheitsdaten entwickeln.
Wie Abbildung 21 zeigt, fürchtet fast die Hälfte der Befragten den Missbrauch oder Diebstahl ihrer Daten (46 %). Die zweitwichtigste Furcht (38 %) ist die Angst vor Datenmissbrauch aufgrund falscher oder unsachgemäßer Speicherung. An dritter Stelle steht die Angst davor, dass Drittpersonen mit ihren Gesundheitsdaten Geld verdienen könnten (29 %). Direkt danach folgt die Angst, kontrolliert zu werden (26 %).
Ein Fünftel der Befragten hat Angst, dass ihre Gesundheitsdaten sich negativ auf ihre Versicherung auswirken (22 %), dass sie die Kontrolle über ihre Daten verlieren (21 %) oder den Zugang zu medizinischen Daten verlieren (17 %).
Ein Zehntel hat keine Bedenken bezüglich der Digitalisierung (9 %).
Diejenigen, die starke Bedenken bezüglich der Digitalisierung haben, fürchten sich erwartungsgemäss mehr davor, kontrolliert zu werden (36 %).
Der Datenschutz muss bei der künftigen Digitalisierung des Gesundheitswesens im Mittelpunkt stehen. Es muss sichergestellt werden, dass geeignete Systeme und Server für die Speicherung und den Austausch von Daten verwendet werden und dass Daten nicht falsch gehandhabt, falsch gespeichert oder gestohlen werden. Gleichzeitig muss dafür gesorgt werden, dass Patient:innen die volle Verantwortung und Kontrolle über ihre eigenen Gesundheitsdaten haben und dass Drittpersonen ohne deren Zustimmung keinen Zugriff auf diese Daten erhalten.
Abbildung 21 – Ängste hinsichtlich der Digitalisierung von Gesundheitsdaten
Fazit
Die Umfrage zeigt, dass die Schweizer Bevölkerung bereit ist, ein digitales Gesundheitssystem zu nutzen, sofern dieses klare Mehrwerte bietet, wie z.B. eine höhere Benutzerfreundlichkeit, verbesserte Diagnosen und Behandlungen sowie reduzierte Gesundheitskosten.
Die Schweizer Bürger:innen haben eine hohe digitale und gesundheitliche Kompetenz, jedoch muss noch mehr unternommen werden, um sicherzustellen, dass niemand zurückgelassen wird. Es sollte ein stärkerer Fokus darauf gelegt werden, Bürger:innen dabei zu unterstützen, sich besser mit ihrer Gesundheit auseinanderzusetzen und sich in der digitalen Welt zurechtzufinden. Die Digitalisierung eröffnet eine ganz neue Wissensquelle, in der Patient:innen nach Informationen suchen können und somit mehr Kontrolle über ihre eigene Gesundheit erhalten.
Ausserdem ist es sehr wichtig, die Bevölkerung über die Verarbeitung ihrer Daten aufzuklären und ihr die unmittelbaren gesellschaftlichen Vorteile des Datenaustauschs zu verdeutlichen. Die Schweizer Bevölkerung ist heute vor allem besorgt über Datenmissbrauch, Datendiebstahl und Drittpersonen, die mit ihren Daten Geld verdienen. Um die Bürger:innen zu beruhigen, sollte der Datenschutz im Zentrum der digitalen Lösung stehen, damit sichergestellt wird, dass Gesundheitsdaten auf geeigneten Systemen und Servern gespeichert werden.
Die Schweizer Bevölkerung nutzt bereits täglich digitale Geräte für Arbeit und Freizeit. Darüber hinaus werden Apps und Wearables in der Schweiz bereits regelmässig genutzt, um Gesundheitsdaten zu erfassen.
Die Bevölkerung könnte daher leicht lernen, wie sie diese Instrumente zur Überwachung ihrer Gesundheit und ihres Wohlbefindens einsetzen kann. Diese Informationen würden ihnen helfen, positive Entscheidungen für ihr Leben zu treffen, gesündere Gewohnheiten zu entwickeln und vielen Krankheiten vorzubeugen. Diese Echtzeitdaten wären auch für das Gesundheitspersonal ein wichtiges Hilfsmittel, um Patient:innen besser diagnostizieren und behandeln zu können.
Diese Geräte müssen so konzipiert sein, dass sie von allen genutzt werden können, unabhängig von Alter, Bildung oder Geschlecht. Letztendlich sind wir alle „Patient:innen“, da unsere Gesundheit uns alle beeinflusst. Wir als Patient:innen sollten dazu eingeladen werden, die Zukunft des digitalen Gesundheitssystems und des EPD mitzugestalten. Dies würde eine höhere Akzeptanzrate für eine neue Lösung sicherstellen, da sie patientenzentriert wäre und den Bedürfnissen der Bürger:innen entspricht: Reduzierung der Gesundheitskosten, einfacher Zugang zu Gesundheitsdaten und Reduzierung der Zeit, die für Verwaltungsaufgaben aufgewendet wird.
Die meisten Umfrageteilnehmer:innen sind der Meinung, dass Bürger:innen die rechtlichen Eigentümer ihrer Gesundheitsdaten sein sollten. Sie möchten die volle Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten und deren Verwendung haben. Wir entfernen uns von einem System, in dem die Krankenhäuser im Mittelpunkt stehen, hin zu einem System, in dem die Patient:innen im Zentrum stehen.
Auch die Frage des Vertrauens ist entscheidend. Krankenhäuser, gefolgt von der Regierung, gelten als die vertrauenswürdigsten Organisationen in der Schweiz, wenn es um den Umgang mit Gesundheitsdaten geht. Es wird wichtig sein, das Vertrauen in die verschiedenen Gesundheitsorganisationen zu stärken, da diese Akteure zur digitalen Transformation beitragen, damit das System vollständig digitalisiert werden kann. Dies wird nur möglich sein, wenn die Behörden einen nationalen Rahmen mit zentralen Standards schaffen und alle Akteure zusammenarbeiten. Eine erhöhte Akzeptanz eines digitalen Systems und ein Umdenken in der Bevölkerung sind nur möglich, wenn alle Anstrengungen darauf gerichtet sind, klar zu kommunizieren, wie das System funktionieren wird, wie Gesundheitsdaten digital verarbeitet werden und welche Vorteile Bürger:innen im Alltag daraus ziehen werden.
Wir hoffen, dass wir mit unserer Digital-Health-Initiative zu dem allgemeinen Ziel beitragen können, das gesamte Gesundheitssystem zu digitalisieren und patientenorientiert zu gestalten, indem wir alle Akteure des Gesundheitswesens zusammenbringen und die Bürger:innen unterstützen.
Über die Autor:innen
Dieses Dokument wurde zwischen Mitte Oktober und Mitte November 2022 auf der Grundlage der Ergebnisse einer Befragung der Schweizer Bevölkerung verfasst: „Bedürfnisse und Ängste der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf die Digitalisierung des Schweizerischen Gesundheitswesens“. Die Umfrage wurde in Zusammenarbeit mit gfs-zürich durchgeführt.
Hauptautorin:
Jade Sternberg, Senior Project Lead Digital Health, digitalswitzerland
Unterstützung durch das Digital Health Steering Committee von digitalswitzerland:
Mathias Becher, Head of Digital Transformation department (CDO), Bundesamt für Gesundheit (BAG)
Dr. Sebastiano Caprara, Health Data Repository Project Lead, Balgrist Hospital
Alexandros Giannakis, Managing Director – Global Lead Life Sciences Digital Health Accenture
Matthias Glück, Head of Platform Ecosystems, Swiss Post Digital Health
Thomas Gross, Strategic advisor, BINT and ofac group
Anna Kuruvilla, Head of Tech Steering & Innovation Management, SwissRe
Toni La Rosa Group Chief Sales Officer, ELCA
Dr. med Conrad Eric Müller, President Pro UKBB Foundation, Paediatric surgeon
Marie-Jeanne Semnar, Public Policy Manager, Interpharma
Chantal Stäuble, Head Business Development Digital Entreprise, Netcetera
Dr. Susanne Weissbäcker, Partner at EY-Parthenon Life Sciences Strategy
Dr. Garif Yalak, Head of Digital Transformation Healthcare, Education & Governance, Country, Digital Acceleration, Cisco Switzerland
Pius Zängerle, Director, curafutura
Über digitalswitzerland
digitalswitzerland ist eine schweizweite, branchenübergreifende Initiative, welche die Schweiz als weltweit führende digitale Nation stärken und verankern will. Unter dem Dach von digitalswitzerland arbeiten an diesem Ziel mehr als 200 Organisationen, bestehend aus Vereinsmitgliedern und politisch neutralen Stiftungspartnern, transversal zusammen. digitalswitzerland ist Ansprechpartner in allen Digitalisierungsfragen und engagiert sich für die Lösung vielfältiger Herausforderungen. Erfahren Sie mehr über digitalswitzerland.
Wir bedanken uns bei Karin Mändli Lerch und ihrem Team von gfs-zürich für die Unterstützung bei der Durchführung der Umfrage.
Über die Initiative Digital Health und ihren Lenkungsausschuss
digitalswitzerland startete 2022 eine neue Initiative im Bereich Digital Health mit dem Ziel, das Gesundheitssystem in der Schweiz zu digitalisieren und patientenzentriert zu gestalten. Dies wird dazu beitragen, Transparenz, Zugänglichkeit und Verständnis bezüglich Gesundheitsinformationen für die gesamte Schweizer Bevölkerung zu verbessern. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, müssen alle Akteure im Gesundheitswesen zusammenarbeiten.
digitalswitzerland hat einen Lenkungsausschuss gebildet, der sich aus Expert:innen aus verschiedenen Bereichen des Schweizer Gesundheitswesens zusammensetzt und die Zukunft von Digital Health in der Schweiz vorantreibt und gestaltet.
Wir möchten allen Mitgliedern des Lenkungsausschusses Digital Health für ihr Engagement, ihre Unterstützung bei der Studie und ihre sachkundigen Beiträge danken.
Fragen-Glossar
Kapitel 1: Gesundheitszustand
1.1 Fühlen Sie sich ausreichend über Ihren Gesundheitszustand informiert?
1.2 Von welchen Akteur:innen würden Sie gerne zusätzliche Informationen über Massnahmen zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge in der Schweiz erhalten?
1.3 Wie würden Sie Ihren aktuellen Gesundheitszustand einschätzen?
Kapitel 2: Patient:innen
2.1 „Wer ist für Sie ein:e Patient:in“?
2.2 Leiden Sie derzeit an einer chronischen Krankheit? (z. B. Arthritis, Asthma, Krebs, chronische Herzerkrankung, chronische Nierenerkrankung, Morbus Crohn, Diabetes, Epilepsie, hoher/niedriger Blutdruck, Borreliose, Fettleibigkeit, usw. )
Kapitel 3: Gesundheits- und digitale Kompetenz in der Schweiz
3.1 Wie bewandert sind Sie in puncto Gesundheit?
3.2 Wie vertraut sind Sie mit digitalen Medien?
Kapitel 4: Digitale Gewohnheiten
4.1 Wie viele Stunden pro Tag nutzen Sie ein digitales Gerät (einschliesslich der Zeit, die Sie bei der Arbeit verbringen)? Geräte wie Tablets, Computer, Smartphones usw.
4.2 Welche persönlichen Gesundheitsdaten erhalten und/oder verwalten Sie über Apps, Websites oder Portale?
4.3 Verwenden Sie Apps oder Gadgets (z.B. FitBit, Apple Watch oder Fahrrad-Tracking-Apps), um Ihre Gesundheit zu erfassen?
Kapitel 5: Das Digitale Gesundheitssystem
5.1 Wer sollte Ihrer Ansicht nach die Plattform/Lösung für ein digitales Gesundheitssystem bereitstellen?
5.2 Welche Vorteile sollte das digitale Gesundheitssystem Ihrer Meinung nach bieten?
5.3 Wer sollte in einem digitalen Gesundheitssystem rechtlich gesehen Eigentümer Ihrer persönlichen Gesundheitsdaten sein?
Kapitel 6: Vertrauen in Schweizer Institutionen
Wie sehr vertrauen Sie den folgenden Organisationen im Umgang mit Ihren persönlichen Gesundheitsdaten?
Kapitel 7: Treiber und Hindernisse für den Austausch von Gesundheitsdaten
7.1 Was machen Sie, bevor Sie Ihre Gesundheitsdaten sammeln, speichern, bearbeiten oder mit anderen im Internet teilen?
7.2 Unter welchen Bedingungen/Umständen sind Sie bereit, Ihre persönlichen Gesundheitsdaten weiterzugeben?
7.3 Wie besorgt sind Sie allgemein über die Digitalisierung Ihrer persönlichen Gesundheitsdaten?
7.4 Was macht Ihnen am meisten Angst bei der Digitalisierung Ihrer Gesundheitsdaten?
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Zürich, 23. März 2023
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