In der Wintersession 2021, die vom 29. November bis zum 17. Dezember dauert, wird die Debatte um das Budget 2022 einen grossen Teil einnehmen. Daneben dürften die Differenzbereinigung bei der AHV-Reform und der Start der wichtigen Debatte zur Modernisierung des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) für Schlagzeilen sorgen. Aus Sicht der ICT-Wirtschaft stehen über 35 spannende Geschäfte auf dem Programm.
Das Bundesgesetz «Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele» steht derzeit bei beiden Räten auf dem Programm. Mit der Vorlage sollen Anbieterinnen von Streamingdiensten und Videospielen verpflichtet werden, ein System zur Altersüberprüfung einzurichten, elterliche Kontrollen zu ermöglichen und eine Meldestelle anzubieten. Der Nationalrat hatte es entgegen den Empfehlungen der ICT-Branche verpasst, auf einen unnötigen Swiss Finish zu verzichten und das Gesetz an die europäische audiovisuelle Mediendienstrichtlinie (AVMD) anzupassen. Die ständerätliche Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-S) scheint nun einzulenken. An ihrer Sitzung vom 16. November beauftragte sie die Verwaltung, konzeptuelle Änderungsvorschläge zu unterbreiten, um das Gesetz zu entschlacken. Damit dürfte sich Beratung im Parlament bis zur Frühjahrssession 2022 vertagen.
Ebenfalls in beiden Räten traktandiert ist die Änderung des Bundesrats zur «Innovationsförderung», die neben der Erhöhung des Handlungsspielraums von Innosuisse auch die Förderung von Innovationsprojekten und Start-ups umfasst.
Der Ständerat wird sich am 2. Dezember mit dem Thema 5G beschäftigen. Namentlich geht es um drei Standesinitiativen aus den Kantonen Genf 20.309, Neuenburg 20.314 und Jura 21.305, welche Moratorien beim Aufbau des 5G-Millimeterwellen-Netzes fordern. Die zuständige Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) empfiehlt dem Ständerat, allen drei Initiativen nicht Folge zu geben. Die KVF ist jedoch der Ansicht, dass die Kantone und Gemeinden in die 5G-Debatte einzubeziehen sind und hat deshalb das Postulat «Künftige Frequenznutzung für den Mobilfunk im sogenannten Millimeterwellenbereich. Einbezug der Kantone» erarbeitet. Dieses wird zusammen mit den drei Initiativen im Ständerat diskutiert.
Am gleichen Tag sind im Ständerat die sechs gleichlautenden Motionen «Digitalisierung und Weiterentwicklung der Schweizer Notrufe» traktandiert. Die Motionen werden von Bundesrat und Nationalrat gutgeheissen und dürften auch im Ständerat unbestritten sein.
Weiter ist die in der Herbstsession neu eingereichte Motion «Homeoffice – gelebte und akzeptierte Flexibilität legalisieren» von Hans Wicki (FDP) traktandiert. Sie geht in eine ähnliche Richtung wie die Motion «Gesetzliche Grundlagen für Homeoffice schaffen» von Daniel Jositsch (SP), die in der Kommission zur Vorberatung liegt, und steht im Kontext mit der kürzlich abgeschossenen Vernehmlassung zur Revision der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz (E-ArGV 2; (siehe Stellungnahme von digitalswitzerland). Als Zweitrat wird der Ständerat zudem die Motion «Rechtssicherheit stärken und Vertragsumdeutungen vermeiden» von Philippe Nantermod (FDP) behandeln. Dieser fordert, dass bei der rechtlichen Beurteilung eines Vertragsverhältnisses, ob jemand selbstständig tätig ist oder angestellt, der Wille der betroffenen Vertragsparteien (Unternehmen und Arbeitskraft) künftig mit berücksichtigt wird. Die Motion ist im Rahmen der grossen Debatte zur Modernisierung der Sozialversicherungen und des Arbeitsrechts zu verorten. Besonders betroffen hiervon sind Plattformanbieter; weshalb der Bundesrat hierzu kürzlich einen Bericht veröffentlicht hat (Digitalisierung – Prüfung einer Flexibilisierung des Sozialversicherungsrechts, Flexi-Test).
Schliesslich ist mit der Motion «Unsere KMU und öffentlichen Verwaltungen vor Cyberangriffen schützen» von Johanna Gapany (FDP) auch ein Vorstoss zum hochaktuellen Thema Cybersecurity traktandiert. Der Bundesrat wird darin aufgefordert, den Schutz des Bundes vor Cyberangriffen auf Kantone, Gemeinden und den KMU-Bereich auszuweiten.
Der Nationalrat wird sich als Erstrat mit der Botschaft zur Änderung des «Militärgesetzes und der Armeeorganisation» beschäftigten. Ein Hauptpfeiler der Vorlage ist die Stärkung der Cyberabwehr: Der Bundesrat plant die Schaffung eines Cyber-Kommandos, sowie den Ausbau der Milizbestände in diesem Bereich (Cyber-Bataillon und Cyber-Fachstab). Darüber hinaus soll die Ausbildungsqualität der Miliz-Cyberspezialistinnen und -spezialisten innerhalb der Arme dank Praktika bei externen Partnern erhöht werden. Der Cybersecurity-Vorschlag war in der vorberatenden Sicherheitskommission des Nationalrats unbestritten.
Weiter ist im Nationalrat die parlamentarische Initiative «Angemessene Bezüge und Stopp der Lohnexzesse bei den Bundes- und bundesnahen Unternehmen» traktandiert, mit welcher die zuständige staatspolitische Kommission des Nationalrats die Kaderlöhne für Swisscom, Post und weiterer staatnaher Betriebe auf 1 Million pro Jahr begrenzen will.
Den vollständigen Ausblick auf die Session, mit allen weiteren traktandierten Vorstössen, finden Sie auf der online Monitoring-Plattform politoscope.ch. Diese wird exklusiv unseren Mitgliedern zur Verfügung gestellt.
Bei Fragen und für Auskünfte kontaktieren Sie uns unter politics@digitalswitzerland.com.
Andreas W. Kaelin, Deputy Managing Director, Geschäftsstelle Bern