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Unternehmen schenken Zeit für die Aus- und Weiterbildung

Weiterbildung findet nicht nur in der Schule statt. Im Rahmen des Schweizer Digitaltags haben bereits 12 Unternehmen ihren Mitarbeitenden bis zu 4 Stunden Weiterbildungszeit pro Woche versprochen. Das ist geschenkte Zeit, in denen neue Skills angeeignet oder bestehende geschärft werden können. Ist Ihr Unternehmen auch mit dabei? Hier können sich Unternehmen anmelden und symbolisch dazu verpflichten.

Die Digitalisierungsbranche litt unter den Krisen von 2001 und 2008. Im Jahr 2020 floriert sie. Aus Büroarbeit wird Remote Work. Papierbasierte Abläufe werden zu Online-Workflows. Fabriken und Lieferketten laufen dank der Automatisierung weiter. Wir sind dabei, einen 10-Jahres-Sprung in die Zukunft zu machen. Dies wird uns starke Produktivitätssteigerungen bescheren. Sogar unsere Covid-Kosten können wir auf diese Weise kompensieren.

Krisen erfordern Pionierleistungen und kein Schema F bei der Bewältigung

Im Frühjahr 2020 zirkulierte in der Tech-Branche ein Brief des Venture-Fonds Sequoia zur Covid-Krise. Es war «Schema F»: Erinnerungen an die Krisen 2001 und 2008 schwangen mit. Sequoia hat nahegelegt: Schliesst die Luken. Bereitet Euch auf den Sturm vor. Downsize.

Ich verstehe den Brief von Sequoia. Ich habe selbst von 1998 bis 2007 im Silicon Valley gelebt und gearbeitet und zwei Krisen durchgemacht. Die Dot-Com-Krise raffte im Silicon Valley fast alle Startups dahin. Strassen und Restaurants waren leergefegt, ähnlich wie in der Covid-Krise. Dazu kam der Schock von 9/11. Ich verliess meinen Arbeitgeber McKinsey & Co und sanierte ein Unternehmen. Ich verhandelte die Kostenbasis herunter, baute ein neues Produkt und zog Investitionen an.

Aus dieser Erfahrung heraus habe ich 2005 Zattoo gegründet. Ich machte Tempo. Unser Angebot stiess auf grosses Interesse. Wir bauten aus. Wir stellten ein. Wir waren eine kleine Sensation.

Die Finanzkrise 2008 kam unvermittelt. Alle Startups, nicht nur Zattoo, wurden ohne Vorwarnung getroffen, denn sie hatten nicht die Zeit, das Umfeld nach Makrobedrohungen zu scannen. Sie sind mit Nutzerwachstum, Produktdesign, Umsatzwachstum und dem Aufbau der Organisation vollends beschäftigt.

Da auf dem Markt kein Risikokapital mehr verfügbar war, habe ich im Januar 2009 sogar meine Wohnung in San Francisco verkauft, um die Content-Rechnung von Zattoo zu bezahlen. Das Geld lag etwa zwei Monate zwischen den USA und der Schweiz, da sich die Banken nicht mehr trauten. Ich konnte Aktien verpfänden, um Cash für die Firma aufzutreiben. Tamedia (jetzt TX Ventures) konnte ich überzeugen, einzusteigen. Mit Erfindergeist und Kostendisziplin konnten wir 2010 endlich Fuss fassen. Zattoo wuchs seitdem als KMU mit eigenen Mitteln jährlich etwa um 20-30%.

Nach der Überwindung dieser Krise habe ich den Verwaltungsrat von Zattoo aufgebaut. Ich habe mich als Präsidentin bis 2019 unter anderem der Aufgabe gewidmet, die Firma krisenresistent zu halten und Gefahrensignale mit Vorlauf zu erkennen. Ich habe Cash gehortet, um dem Unternehmen im Ernstfall helfen zu können. Die TX Gruppe hat im April 2019 die Mehrheit übernommen. Ich gab das Präsidium ab. Wir entwickeln die Gesellschaft gemeinsam weiter.

Als ich im Januar 2020 erstmals von Covid hörte, war ich zunächst verschreckt. Erinnerungen an 2001 und 2008 klangen an. Ich fragte mich: Wie kann Zattoo mit der drohenden Pandemie fertig werden? Es war zu erwarten, dass die Pandemie dazu führen würde, dass die Werbeindustrie ihre Ausgaben drosselt, verzögert, umbucht oder einstellt. Die Cloud-Systeme von Zattoo und der Telekommunikationsindustrie waren nicht darauf ausgelegt, über längere Zeiträume autonom zu laufen. Es waren sogar noch schlimmere Entwicklungen denkbar.

Ich befragte meine Bekannten, darunter eine Führungskraft von McKinsey&Co China im Februar 2020. Im Gespräch kamen wir auf einen prognostizierten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts auf -3 %, und das Schweizer BIP fiel tatsächlich auf etwa -3 %.  

Kurzfristig sah es noch bedrohlicher aus, aber es erholte sich im Laufe des Jahres 2020. Es erholte sich, weil wir dank Digitalisierung in der Lage waren, weiter zu arbeiten. Es gab keine Notwendigkeit für ein Notprogramm bei Zattoo oder vielen Tech-Unternehmen. Im Gegenteil: Die Tech-Branche boomte.

Digitalisierung als Lichtblick in einem dunklen Krisenjahr

Auf kurze Zeit gesehen werden Innovationen überschätzt. Die Dot-Com-Krise 2001 war sozusagen eine Krise der Ernüchterung. Langfristig aber werden Innovationen unterschätzt. Im Jahr 2020 haben wir dank der Digitalisierung soeben die erste Krise durchlebt, in der wir von Robotern weich gebettet wurden: ein Moment für die Geschichtsbücher.

Wirtschaft, Bildung, Gesundheit, Verteidigung, Finanzen, Verkehr und Energie waren im 2020 krisenresistenter dank Digitalisierung. Die Digitalisierung steht endlich in voller Blüte:

Die Pfeiler der Digitalisierung bilden Remote Work und Online-Workflows, die in der Cloud abgebildet werden, sowie der Online-Handel.

Die Cloud erlaubt gemeinsames Arbeiten an Briefen, Präsentationen, Tabellenkalkulationen und anderen Dingen. Sie entlastet uns von der Server-Administration und sorgt für eine bessere Lastverteilung und höhere Verfügbarkeit, als wenn wir die Server selbst administrieren würden.

Die Cloud wächst rasant. Büroarbeit wird zunehmend auf Google Docs oder mit Microsoft Office 365 in der Cloud erledigt. Privat nutzen inzwischen über eine Milliarde Menschen die Apple Cloud. Für alle Lasten, die elastisch oder schwankend sind, und für alle Werkstücke, die von mehreren Akteuren gleichzeitig bearbeitet werden, macht die Cloud Sinn.

Zattoo selbst bietet Beispiele für Cloud-Dienste: Anstatt Recordings lokal zu speichern, greifen unsere Zuschauer auf unsere Cloud zu. Von vielen Aufnahmen, die alle gleich wären, braucht es im Idealfall nur eine Masterkopie. Das spart Geld. Auch unsere B2B-Kundenbasis (Telekommunikations- und Kabelunternehmen) nutzt Cloud-Dienste: Statt TV-Signale von Satelliten über sogenannte Kopfstellen selbst einzuspeisen, nutzen sie unseren Cloud-Service. Von vielen Tausend Kopfstationen in Europa, welche alle ungefähr das Gleiche machen, wird es letztlich noch eine Handvoll in der Cloud brauchen. Da jede Kopfstation eine Investition von etwa 10 Mio. CHF und laufende Kosten verursacht, spart das eine Menge Geld. 

Online-Handel und Lieferdienste wachsen stark und nachhaltig. Haben Nutzer mit alten Gewohnheiten einmal gebrochen, ein Benutzerkonto eröffnet und online bestellt, ist es für sie ein Leichtes, den vorkonfigurierten Warenkorb nochmals zu bestellen. Hat man das neue Verhalten einmal eingeübt, bleibt man dabei. 

Digitalisierung kann unsere Covid-Kosten aufwiegen

Das BIP sank im Jahr 2020 um 25 Mrd. CHF; 2021 wird es steigen. Aus der Bundeskasse floss eine Kapitalspritze von 70 Mrd. CHF. Nehmen wir diese Summe als Massstab und ignorieren, wie dieses Geld aus der Wirtschaft wieder beim Staat landet, denn das tut es früher oder später. Prüfen wir, ob wir sie in 10 Jahren wettmachen können: Das entspräche 7 Mrd. CHF pro Jahr, oder 1% des Bruttosozialprodukts in der Schweiz von ca 700 Mrd. CHF.

Das geht: Bei angenommenen 700’000 Mitarbeitenden in Remote Work macht das 10’000 CHF pro Kopf und Jahr. Einsparungen können wir in diesen Bereichen erzielen:

Für die Schweiz kann Remote Working die Rettung aus unserer geografischen Enge sein. Angestellte können in der ganzen Schweiz oder auch im Ausland geografisch verteilt sein. Wir brauchen uns bei der Rekrutierung nicht mehr auf einen 100km Kreis um den Arbeitsplatz zu beschränken. Remote Work öffnet einen grösseren Kandidatenpool für die Rekrutierung und fördert Diversität und Spezialisierung. Damit wird es auch günstiger, in der Schweiz ein Startup zu gründen.

Remote Work erhöht die Mitarbeiterzufriedenheit. Deloitte-Schweiz Studien aus den Jahren 2020 und 2021 zeigen: Mitarbeiter wollen mehrheitlich hybrid arbeiten und keinesfalls die Vorteile des Remote Working aufgeben. Mitarbeiter hatten erheblichen Zeitverlust beim Pendeln – diese Last wollen sie nicht mehr tragen. Sie geniessen die Freiheit, an Orten mit niedrigen Kosten und hoher Lebensqualität zu arbeiten – das eröffnet neue Perspektiven. Sie sparen Zeit durch weniger obligatorische Geschäftsreisen. Frauen erleichtert Remote Work den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt durch die Möglichkeit, ihre Zeit gleitend zwischen Büro und Zuhause aufzuteilen.

Die Präferenzen betreffend Remote Work liegen nicht über alle Altersgruppen gleich, und sie unterscheiden sich auch zwischen Industrien und Ländern. In Japan ist der Verlust der Präsenzkultur eine grosse Herausforderung. Eine Anekdote aus Japan wurde mir zugetragen: Sagt der Chef «Was kann ich mit den zwei Assistenten machen? Darf ich sie nach Hause nehmen?» Dieser Chef hatte noch nie eine Videokonferenz von zu Hause organisiert. Das wurde immer im Büro von Spezialisten erledigt. Für traditionelle Chefs ist Remote Work eine Herausforderung.

Die IT-Branche ist Vorreiter bei Remote Work – andere Branchen ziehen nach

Es gab auch schon andere Zeiten: 2013 versuchte die damalige Chefin von Yahoo, Marissa Mayer, die Mitarbeiter von Remote Work wegzubringen. Innovation, meinte sie, geschieht im Dampfkochtopf des Entwicklungszentrums von Yahoo im Silicon Valley. Sie sah Innovation als Kontaktsport. Innovation ist inzwischen online möglich, weil die Arbeitsmittel besser geworden sind.

Die IT-Branche ergreift inzwischen die Chance, den Mitarbeitern mit Remote Work attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten. Sie ist mit Abstand am besten darauf vorbereitet. Andere Branchen entdecken nun auch: Remote Work funktioniert. Die Sicherheit ist besser als befürchtet. Aus dem Private-Banking ist bisher kein Skandal bekannt.

Corona hat mehr getan, um die Digitalisierung der Schweiz zu beschleunigen, als alle digitalen Initiativen, die wir bisher hatten. Von vielleicht 10’000 Remote Work-Arbeitsplätzen in der Schweiz vor der Covid-Krise haben wir einen Sprung auf über 1 Million Remote Work-Arbeitsplätze gemacht (bei einer Gesamtbelegschaft von fast 5 Millionen). Wenn wir von 700’000 solcher Arbeitsplätze über die nächsten 10 Jahre sprechen, verstehen wir die Grössenordnung des Wandels. 

Die Initiative digitalswitzerland, die Wissenschaftsinitiative CH++,  Open Data Schweiz, der Branchenverband ASUT und weitere können uns helfen, den Schwung aus der Covid-Digitalisierung mitzunehmen. Sie können mit Inspiration und Know-how-Transfer zum Florieren der Schweiz beitragen.

“Culture eats Strategy for breakfast”

Wir kennen das: eine clevere Strategie wird verkündet, und wir foutieren uns darum, weil wir es anders mögen. Macht unsere Macht der Gewohnheit nun die Vorteile der COVID-Digitalisierung zunichte? Kehren wir zu Feld 1 zurück?

Beginnen wir mit uns selbst. Wir haben gelernt, wie man sich im Home-Office organisiert. Ideal wäre ein Zoom-Raum. Wir haben gelernt, Essen zu kochen, Samen zu pflanzen, Brot zu backen. Ideal wäre ein eigener Garten. Wir reisen mehr individuell, weniger in Gruppen. Ideal wäre ein Camper.

Wir improvisieren in der Art und Weise, wie wir unterrichten. Ideal wäre ein altersgerechter Mix aus Präsenz- und Online-Unterricht:

Vielleicht sagen wir uns: «mein Aktiendepot ist gestiegen, meine Immobilie ist jetzt mehr wert, ich brauche mir die neue Arbeitswelt nicht mehr anzutun.» Oder wir wurden ruiniert und können nicht mehr. Durch die Covid-Krise scheiden vor allem ältere Arbeitnehmer aus dem Berufsleben aus. 

Damit wir die Vorteile der Digitalisierung nutzen können, müssen wir uns von der Gewohnheit verabschieden, in altmodische Büros zurückzukehren, in denen wir Kopfhörer tragen, um konzentriert zu arbeiten. Lasst uns stattdessen Büros neu erfinden und die Möglichkeit des Remote Working nutzen, die uns in der Covid-Krise gut gedient hat. 

Über Bea Knecht

Bea Knecht digitalisiert mit ihren Gründungen Zattoo, Genistat und Levuro Mediendienstleistungen. Genistat beschäftigt Experten für Media Data Science. Levuro beschäftigt Experten für Social Media Engagement. Wingman ist ein VC Fonds, den sie unterstützt: Von Unternehmern, für Unternehmer. Bea Knecht wirkt im Vorstand der Gesellschaft für Marketing und von CH++ und ist Mitglied der Eidgenössischen Medienkommission. Sie ist Empfängerin des IAB Lifetime Award, des Best of Swiss Web Award und des Emmy Award.

Hier finden Sie alle unsere Medienmitteilungen an einem Ort. Vertreten Sie eine Zeitschrift, Zeitung, Publikation oder andere Art von Medienunternehmen? Nehmen Sie mit uns Kontakt auf.

Director of Communications, Eliane Panek, freut sich auf Ihre Anfrage: eliane@digitalswitzerland.com.

September

15.09.2021 – Inakzeptable Scheinlösung beim Arbeitsgesetz – flexibleres Arbeiten für die ICT-Branche wird weiterhin verhindert. Die Pressemitteilung ist in Deutsch und Französisch verfügbar.

August

31.8.2021 – Schweizer Digitaltag 2021: Digitale Skills für eine digitale Zukunft. Die Pressemitteilung ist in Deutsch, Französisch und Italienisch verfügbar.

24.8.2021 – 3. Digital Gipfel Schweiz: Internationale Digitalexperten und Schweizer Wirtschaftsvertreter tauschen sich über Digitalisierung
aus. Die Pressemitteilung ist in Deutsch und Französisch verfügbar.

18.8.2021 – Sicherheit vor Tempo – Ja zur E-Voting-Vorlage mit Augenmass. Die Pressemitteilung ist in Deutsch und Französisch verfügbar.

Juli

13.7.2021 – Schweizer Digitaltag 2021: So gestaltet die Bevölkerung die digitale Zukunft der Schweiz. Die Pressemitteilung ist in Deutsch, Französisch und Italienisch verfügbar.

Juni

24.6.2021 – Brachliegendes Fachkräftepotenzial bei älteren Arbeitnehmenden. Die Pressemitteilung ist in Deutsch und Französisch verfügbar. Die Studie ist in Deutsch verfügbar.

17.6.2021 – Digital Economy Award: Auszeichnung der digitalen
Spitzenleistungen der Schweiz findet statt. Die Pressemitteilung ist in Deutsch und Französisch verfügbar.

Mai
11.5.2021 – Schweizweite Initiative stärkt digitale Kompetenzen von
Arbeitnehmer*innen. Die Pressemitteilung ist in Deutsch, Französisch und Italienisch verfügbar.

April
21.4.2021 – Die Schweiz sorgt für neue Innovationsimpulse: Privacy Icons gewinntAuszeichnung für das eindrucksvollste Digitalisierungsprojekt. Die Pressemitteilung ist in Deutsch und Französisch verfügbar.

16.4.2021 – Sascha Zahnd wird neuer Präsident von digitalswitzerland. Die Pressemitteilung ist in Deutsch, Französisch und Italienisch verfügbar.

12.4.2021 – Schweizer Spitzentechnologien präsentieren sich an der digitalen HANNOVER MESSE 2021. Die Medienmitteilung ist in Deutsch und Französisch verfügbar.

Februar
17.2.2021 – Digital Economy Award geht in die 3. Runde: Nominierungsphase gestartet. Die Pressemitteilung ist in Deutsch, Französisch und Italienisch verfügbar.

Januar
14.01.2021 – Das E-ID-Gesetz steht für eine moderne Schweiz. Die Pressemitteilung ist in Deutsch verfügbar.

Schon eine Reihung weniger Beispiele macht deutlich, dass die Digitalisierung und Automatisierung in nahezu allen Berufen immer grössere Bedeutung erlangt: Personalabteilungen stellen die interne Kommunikation für alle Mitarbeitenden auf Mail um, Scanner werden alltägliche Begleiter in Kraftfahrzeugen oder in der Pflege wird die Dokumentation elektronisch vollzogen. An der Praxis ausgerichtete Schulungen können helfen, die aktuellen Veränderungsprozesse für die Teile einer Belegschaft abzufedern, die seltener von Weiterbildungsangeboten profitieren kann. In diesem Vorhaben unterstützt der Bund Unternehmen mit dem definierten Förderschwerpunkt «Einfach besser!…am Arbeitsplatz», der seit 2018 umgesetzt wird.

Massgeschneiderte Kurse direkt im Betrieb

Der Bund subventioniert Schulungen, die intern in Unternehmen stattfinden und die Vorteile von solch kurzen Wegen liegen auf der Hand: die Fördermassnahmen und Weiterbildungen können genau dort ansetzen, wo die Probleme liegen und vermittelt wird genau das, was im Arbeitsalltag sinnvoll eingesetzt werden kann. Und wenn alle am gleichen Strang ziehen, und das neu Gelernte in den Unternehmen auch zur Anwendung kommen kann, sind 20 bis 40 Lektionen bereits äusserst effizient. Angestellte werden sicherer in ihrem Arbeitsalltag, vermeiden Fehler und scheuen sich nicht, Fragen zu stellen, wenn welche auftauchen. Eine solche Art des Lernens motiviert vor allem Erwachsene, da sie sich an der spezifischen Praxis orientiert.

Für diese Bildungsarbeit gibt es kein fertiges Konzept und keine Schulbücher. Gelernt wird mit dem Material, das vor Ort verwendet wird. Und die Erfahrung zeigt: im Anschluss an solche Schulungen wollen viele Teilnehmende weiter lernen, denn das Selbstbewusstsein wächst für gewöhnlich mit dem Wissen.

Die Rahmenbedingungen des Programms

Der Bund bezahlt CHF 3000 für die Entwicklung einer Schulung und weitere CHF 15 pro Teilnehmerlektion. Externe oder interne Bildungsanbieter setzen die Schulung dann um. Folgende Voraussetzungen müssen für das Programm des Bunds erfüllt werden:

Unternehmen, Branchenverbände und Branchenfonds können beim Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI)  ein Gesuch einreichen, mit dem sie den grösseren Teil der skizzierten Schulungen finanzieren können. Auf der Website des SBFI sind alle nötigen Details vermerkt und auch eine telefonische Beratung steht zur Verfügung. Auch der Schweizerische Verband für Weiterbildung (SVEB) ist Anlaufstelle für Informationen und Beratungen für Unternehmen und Branchenverbände und unterstützt bei der Gesuchstellung (Cäcilia Märki, Leiterin Grundkompetenzen, 044 319 71 58 oder caecilia.maerki@alice.ch).

Die neu gegründete Parlamentarische Gruppe Weiterbildung setzt sich für ein innovatives und allen zugängliches Weiterbildungssystem ein. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wie so die digitale Transformation produktiv gemeistert werden kann.

In der Sommersession 2019 hat sich die parteipolitisch breit abgestützte parlamentarische Gruppe Weiterbildung gesucht und gefunden. Das Co-Präsidium teilen sich die Nationalratsmitglieder Matthias Aebischer (SP, BE), Philipp Kutter (CVP, ZH), Rosmarie Quadranti (BDP, ZH), Maya Graf (GP, BL), Christoph Eymann (LDP, BS) und Isabelle Chevalley (GLP, VD). Ziel der Gruppe ist es, pressierende weiterbildungspolitische Themen aufzugreifen und politische Entscheide vorzubereiten. Dazu gehört insbesondere auch die Frage, welche Rolle Weiterbildungen in der digitalen Transformation übernehmen können und müssen.

Es ist eine oft angeführte Binsenweisheit: die voranschreitende Digitalisierung verändert die Anforderungen an das Kompetenzportfolio Erwerbstätiger grundsätzlich und stetig. Gemäss Digitalisierungsexperten wie Joël Luc Cachelin verläuft der Digitalisierungsprozess exponentiell, und gewinnt somit laufend an Geschwindigkeit und Einfluss. Das ist einer der entscheidenden Gründe, warum Erwerbstätige sich ebenfalls fortlaufend an diese Entwicklung anpassen und neue Kompetenzen aneignen sollten.

Der Tenor nahezu aller Studien, die sich den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt (zuletzt der OECD Outlook „The Future of Work“) widmen, ist die Feststellung, dass lebenslanges berufliches Lernen immer essentieller werde. Wer sich beruflich nicht laufend weiterbilde, gehöre bald zu den „Digitalisierungsverlierern“ und sei stark gefährdet, aus dem Arbeitsmarkt auszuscheiden. Diese Erkenntnis betrifft Erwerbstätige in praktisch allen Branchen und auf allen Stufen. Kurzum: Unternehmen, die nicht in die Weiterbildung investieren, setzen ihre Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel.

Die parlamentarische Gruppe Weiterbildung ist vor diesem Hintergrund mit folgenden Fragen konfrontiert: Wie muss der Staat auf diese Beobachtungen und Entwicklungen reagieren? Welche Massnahmen können helfen, um die Weiterbildung gezielt zu fördern? Oder reagiert die Wirtschaft eigenständig und erhöht die eigenen Investitionen in Weiterbildungsmassnahmen deutlich?

Wie der Bildungsbericht 2018 zeigt, ist letzteres bisher nicht der Fall. Die Schweizer Unternehmen sind der Digitalisierung (und anderen Entwicklungen des Arbeitsmarktes) in den letzten 20 Jahren nicht mit signifikant erhöhten Weiterbildungsinvestitionen begegnet. Sie investieren ausserdem weiterhin sehr selektiv in ihre Mitarbeitenden. In kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) wird nur rund ein Drittel der Mitarbeitenden in Weiterbildungswünschen unterstützt, in grossen Unternehmen ist es lediglich etwas mehr als die Hälfte.

Die Zahlen des BFS zeigen zudem, dass Erwerbstätige (weiterhin) oft nicht bereit sind, die selektive Weiterbildungstätigkeit ihrer Arbeitgeber durch eigene Investitionen in die berufliche Weiterbildung zu kompensieren. Nur 5% der Erwerbstätigen, die nicht von ihren Arbeitgebern unterstützt werden, nehmen selbstfinanziert an beruflichen Weiterbildungen teil. Das im neuen Weiterbildungsgesetz so hoch gehaltene Prinzip der Eigenverantwortung funktioniert in der beruflichen Weiterbildung also noch nicht.

Die Bundesbehörden waren in den letzten Jahren jedoch nicht untätig. Seit der Einführung des Weiterbildungsgesetzes 2017 unterstützt der Bund die Kantone im Bereich der Förderung der Grundkompetenzen Erwachsener und setzt zudem einen Förderschwerpunkt zur Stärkung der Grundkompetenzen am Arbeitsplatz um. Im Rahmen der Strategie Berufsbildung 2030 werden darüber hinaus Massnahmen zur Stärkung der Berufs-, Studien und Laufbahnberatung erarbeitet. Am 15. Mai dieses Jahres hat der Bundesrat zudem Initiativen für ältere Arbeitnehmende beschlossen. Er will unter anderem eine kostenlose Standortbestimmung, Potenzialanalyse und Laufbahnberatung für Personen ab 40 Jahren ermöglichen.

Alle diese Vorhaben sind positiv zu werten. Aber es muss die Frage erlaubt sein, ob diese vor dem Hintergrund der strukturellen Veränderungen, welche die Digitalisierung mit sich bringt, genügen. Vor allem, weil die Wirtschaft in den letzten zehn Jahren von einer starken Konjunktur und tiefer Arbeitslosigkeit profitiert hat. Was passiert, wenn die Wirtschaft in eine Rezession abrutscht? Aktuell verdichten sich die Zeichen für einen solchen Abschwung.

Kurzum: Weiterbildung ist einer der entscheidenden Wettbewerbsfaktoren für die Schweizer Volkswirtschaft. Er führt dazu, dass das vorhandene Lern- und Leistungspotential optimal genutzt wird. Die parlamentarische Gruppe Weiterbildung tritt also rechtzeitig auf den Plan.

Von Bernhard Grämiger, Schweizerischer Verband für Weiterbildung (SVEB)

Die Herausforderungen der Digitalisierung sind zahlreich. Man denke nur an alle, die ihren Beruf im Kontext einer analogen Welt gelernt haben und nun mit einem Paradigmenwechsel konfrontiert sind. Im Zuge dieser Entwicklung wird das lebenslange Lernen zu einem zentralen Konzept; das Berufs- und Weiterbildungszentrum (BWZ) Lyss hat gemeinsam mit Samsung ein Pionierprojekt für Gesundheitsberufe gestartet. 

Leader in der Digitalisierung

Das BWZ Lyss hat sich als Leader in der Digitalisierung im Bildungsbereich im Raum Biel-Seeland etabliert. Das Pionierprojekt mit zwei Erwachsenenklassen im Bereich Gesundheit (FaGe) richtet sich speziell an Menschen, die nach einer beruflichen Auszeit, auf Grund einer Schwangerschaft zum Beispiel oder wegen eines Quereinstiegs, eine Weiterbildung absolvieren wollen. Im Fokus der Klassen steht die Schärfung der digitalen Kompetenzen der Studierenden. Denn eine angemessene Medienkompetenz ist heute ein unabdingbarer Teil der Berufsbildung, was sich auch in den Vorgaben des Branchenverbands OdA Santé ablesen lässt. «Wir wollen die Marktfähigkeit unserer Lehrabgänger erhöhen und gleichzeitig den aktuellen Erwartungen der Wirtschaft anpassen», unterstreicht der Rektor des BWZ Lyss, Bernhard Beutler. 

Der digitale Unterricht wird schrittweise eingeführt, und zwar interaktiv, nicht einfach vom Notizblock aufs Notebook. Es erfolgt ein sorgfältig erarbeiteter pädagogischer IT-Support – eine wichtige Hilfe für Lehrpersonen wie auch zur Unterstützung des individuellen Förderns der Lernenden. Dabei wird kein papierloser Unterricht angestrebt. Der traditionelle Ausdruck als kreatives Element behält seinen Platz. Phantasie, Esprit, Sprachgewandtheit und elektronische Mittel werden harmonisch verbunden, die Schulkultur bleibt.

Ein starker Partner

Massgeblich unterstützt wird das Projekt im Rahmen der Smart Classroom Initiative von Samsung Schweiz. Martin Zust, seines Zeichens Head of Corporate Affairs des Unternehmens, sagt dazu: „Das Vorhaben des BWZ Lyss zeigt auf, wie wichtig das lebenslange Lernen im Kontext neuer digitaler Anforderungen für Menschen im Berufsalltag ist.“ Denn einerseits erweitert sich das persönliche Kompetenzportfolio der Lernenden, und andererseits vergrössert die Digitalisierung die Methodenvielfalt des Unterrichts und sorgt für eine effizientere Verwaltung des Unterrichtmaterials. 

Erster Jahrgang abgeschlossen

Das Aneignen von Kompetenzen, die es zur effizienten Nutzung von Computern, Notebooks oder Tablets bedarf, ist keineswegs trivial. Es gehört bisweilen Überwindung dazu, sich auf einen Erwachsenen-Lehrgang einzulassen, der massgeblich auf digitalen Unterricht setzt. Marianne Lüscher, die in der Erwachsenenklasse am BWZ Lyss ihre Ausbildung als FaGe bestritten hat, findet es aber wichtig: „Für mich war es eine gute Erfahrung, in der Berufsschule, am Computer zu lernen. Bei uns im Betrieb wird jetzt neu auch alles digitalisiert, was eine grosse aber zukunftsorientierte Umstellung ist“.

Die Absolventen und Absolventinnen der Erwachsenenklasse erlernen eine selbstverständlichere Herangehensweise an digitalisierte Abläufe und in der Praxis kann die neue Medienkompetenz problemlos angewendet werden. Das neue Rüstzeug befähigt zu einem kompetenteren Umgang mit digitalen Medien. 

Ein Konzept das Schule macht

Mit dem Wissen des geglückten Auftakts, werden im Zuge der Gesamtdigitalisierung des BWZ Lyss auch in Zukunft FaGe-Erwachsenenklassen und junge Lernende in der Medienkompetenz geschult und gefördert. Und das Ziel ist klar: eine gefestigte Medienkompetenz ermöglicht den Lernenden eine souveräne Navigation der täglichen Herausforderungen in der Informationsgesellschaft. 

Von Pia De Carli, Press Officer Samsung Electronics Switzerland.

Die Bildung gilt als die grösste Ressource der Schweiz. Bei der beruflichen Grundbildung nutzen wir sie und leben Chancengleichheit weltweit in einer Vorreiterrolle vor. Bei der Aus- und Weiterbildung können wir noch besser werden.

Die Schweiz zeichnet sich im internationalen Vergleich durch ihren robusten und anpassungsfähigen Arbeitsmarkt und eine hohe Zufriedenheit der Arbeitskräfte aus. Die Digitalisierung, die als vierte industrielle Revolution beschrieben wird, setzt allerdings neue Vorzeichen für die Wirtschaft, aber auch für den einzelnen Menschen am Arbeitsplatz: Schneller, wandelbarer, vielseitiger. Diese Schlagworte umschreiben nicht nur die Chancen der digital vernetzten Welt, sondern auch die persönliche Karriereplanung. Diese unabwendbare Veränderung kann allerdings auch Angst machen. Hier sind wir gefordert. Die Digitalisierung soll bei näherem Hinsehen für Arbeitskräfte nicht zum Schreckgespenst, sondern zu einer guten Fee werden. Wie? Das lebenslange Lernen muss zu einem unverzichtbaren Begleiter sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber werden, um die neuen Herausforderungen meistern und den Wirtschafts- und Denkplatz Schweiz konkurrenzfähig halten zu können. 

Aus diesen Überlegungen hat der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) zusammen mit digitalswitzerland die Kampagne #LifelongLearning aus der Taufe gehoben. Unsere Mitgliederverbände können Gesicht zeigen und einem breiten Publikum deutlich machen, welchen Mehrwert Weiterbildung schafft – für sie und das Unternehmen. In Ton und Bild geben Arbeitnehmer ein starkes Zeugnis ihres lebenslangen Lernens ab. Eindrücklich ist, dass vom Jungtalent bis zur Altmeisterin alles vertreten ist, und wer aus eigenem Antrieb am Arbeitsplatz fit bleiben will.  

Nebst der Digitalisierung, die das Gesicht der Arbeit wandelt, bekommt die Schweiz wie in anderen Industriestaaten die Tendenz einer alternden Gesellschaft zu spüren. In den nächsten zehn Jahren werden den Schweizer Unternehmen gegen eine halbe Million Fachkräfte für Vollzeitstellen fehlen. Denn: Während die sogenannte Babyboomer-Generation in Rente geht, treten weniger Junge ins Erwerbsleben ein. Wegen der so entstehenden Lücke, wird sich der Wettbewerb um die begehrten Arbeitskräfte intensivieren. Wir müssen also die Freude am Lernen wecken, die Weiterbildung «on the job» attraktiver machen und Anreize setzen, dass es sich lohnt, mit und für den Arbeitgeber weiterkommen zu wollen. Nicht umsonst geniesst gerade die Schweizer Grundbildung weltweit einen exzellenten Ruf: Wir haben es mit der dualen Ausbildung in Berufsschule und im Unternehmen exemplarisch geschafft, dass in der Theorie gewonnene Kenntnisse am Arbeitsplatz gefestigt werden können. Gerade bei der schulischen Weiterbildung kommt bereichernd dazu: Schwierige Aufgaben aus dem Unternehmen werden in den Klassen diskutiert und verschiedene Denkanstösse in die Firmen zurückgetragen. Dieses Miteinander, das sinnbildlich fürs gemeinsame Weiterkommen steht, sollte während des gesamten Berufslebens, also auch bei älteren Arbeitnehmern, möglich bleiben.

Die Digitalisierung und die steigende Lebenserwartung beflügeln aber auch die freiwillige Arbeit über das Pensionsalter hinaus. Diesem Wunsch von immer mehr Arbeitnehmern dürfen jedoch politisch keine Steine in den Weg gelegt werden. Gleichzeitig kann die Arbeitsmarktfähigkeit von älteren Arbeitskräften gestärkt werden. Deshalb ist der Bundesrat im Mai dieses Jahres in die Offensive gegangen und hat ein Massnahmenpaket verabschiedet, das Menschen im Alter ab 40 Jahren unterstützen will, eine Weiterbildung oder neue Ausbildung in Angriff zu nehmen. Die Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen, wie wichtig diese Doppelstrategie ist: Während 186’000 Personen derzeit über das Pensionsalter hinaus arbeiten, ist der Anteil der Unterbeschäftigten in rentennahen Jahrgängen am stärksten gestiegen. Gerade diese Jahrgänge sind meist nicht nur erfahrene Fachleute, sondern kennen sich auch in ihrem Unternehmen besonders gut aus. Sie bringen also vieles mit, um mit einer Weiterbildung die Chancen der Digitalisierung zu packen. 

Die digitale Transformation ist gekommen, um zu bleiben. Daher müssen wir den Dialog dazu ständig fördern, um das Bewusstsein für die digitale Welt zu schärfen. Die Digitalisierung bringt nicht nur Chancen, sondern auch Risiken, die es zu bewältigen und ernst zu nehmen gilt. In meiner Reihe «Dialoginterviews» diskutiere ich diese Aspekte mit Führungskräften der Schweiz, von unseren Mitgliedern über Digital Shaper bis hin zu Top-Kräften der Bereiche Technologie und Innovation.

Für diese Ausgabe sprach ich mit FDP-Politikerin Carmen Walker Späh, der amtierenden Regierungsrätin und Volkswirtschaftsdirektorin des Kantons Zürich, über die Innovationsfähigkeit der Region, vielversprechende neue Projekte und über eine gesunde Konkurrenz.

Nicolas Bürer: Im diesjährigen «Regional Innovation Scoreboard» der EU-Kommission belegt die Region Zürich die führende Position im europäischen Vergleich. Welche Initiativen oder Rahmenbedingungen des Kantons hatten in den letzten Jahren eine positive Wirkung auf dessen Innovationsfähigkeit?

Carmen Walker Späh: Unser Kanton hat sich in den vergangenen Jahren im internationalen Standortwettbewerb eine hervorragende Position erarbeitet. Wir haben ein einmaliges und sehr breit gefächertes Innovationsökosystem auf kleinstem Raum: Hochschulen und Forschungsinstitutionen, die zu den besten der Welt gehören; viele innovative Startups und KMU; internationale Unternehmen, die sich hier angesiedelt haben, sowie diverse Initiativen und Fördereinrichtungen, die sich der Innovation und dem Unternehmertum verschrieben haben. Das ist aber nicht einzelnen Initiativen zu verdanken, sondern dem langjährigen und breit abgestützten Engagement verschiedener Akteure, die sich für attraktive Rahmenbedingungen einsetzen. Wichtig ist ebenfalls das innovationsfreundliche, rechtliche und politische Klima. Zudem konnte über die letzten Jahre der Austausch zwischen den treibenden Kräften aus Forschung, Politik und Privatwirtschaft etabliert und stetig intensiviert werden. Hier sind aus meiner Sicht vor allem kurze Wege zwischen den verschiedenen Akteuren und insbesondere zur Verwaltung und zur Politik von zentraler Bedeutung.

Nicolas Bürer: Das Scoreboard zeigt, dass auch andere Schweizer Regionen und europäische Länder, Zürich dicht auf den Fersen sind. Welche Bereiche würden sie in Zürich gerne weiter verbessern, damit der Kanton an der Spitze bleibt?

Carmen Walker Späh: Der nationale und internationale Wettbewerbsdruck steigt. Wenn wir unsere gute Position auch in Zukunft sichern wollen, dürfen wir uns nicht zurücklehnen. Schon heute sind bei uns Unternehmen angesiedelt, die an Zukunftstechnologien mit grossem Potenzial arbeiten: Blockchain, künstliche Intelligenz, autonome Mobilität und Drohnen oder auch neue Verfahren und Technologien in den Bereichen Cleantech und Life Sciences werden in Zürich auf hohem Niveau untersucht. Diese müssen wir noch stärker unterstützten und vernetzen.

Nicolas Bürer: Was sind die neuesten Innovationsprojekte des Kantons, die aktuell oder in naher Zukunft für die nächsten Jahre vielversprechend sind?

Carmen Walker Späh: Das vielversprechendste Projekt zur Ergänzung des Innovationsökosystems im Wirtschaftsraum Zürich ist sicher der Innovationspark, der zurzeit auf dem Flugplatz Dübendorf entsteht. Er steckt zwar noch in den Kinderschuhen, ist aber in seiner Art bereits heute einzigartig: der Innovationspark bietet zentrumsnah und verkehrlich sehr gut erschlossen viel Platz, um an neuen Technologien zu forschen. Als Zentrum für Forschung, Entwicklung und Innovation stärkt er die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. So können Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung schneller in marktfähige Produkte umgewandelt werden. Davon profitiert unser Wirtschaftsstandort und letztlich die Bevölkerung als Ganzes.

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Carmen Walker Späh: digitalswitzerland hat es sich zum Ziel gesetzt, die Position der Schweiz als führenden Innovationshub zu stärken. Welche Faktoren machen für Sie ein innovationsfreundliches Klima aus und wie können Sie konkret dazu beitragen?

Nicolas Bürer: Erstens, sind die attraktiven politischen Rahmenbedingungen in Bezug auf Ansiedlungsmöglichkeiten und steuerliche Bedingungen für ausländische Talente von zentraler Bedeutung. Zweitens, sind Investitionen in unser Bildungssystem und die Forschung zu erwähnen, denn sie legen das Fundament für die Innovation der nächsten Jahre. Drittens ist das Schmieden kollaborativer und industrieübergreifender Allianzen in der digitalen Transformation unabdingbar, um weiterhin zu bestehen oder (noch) erfolgreicher zu werden. Viertens sollte das Startup-Ökosystem weiterhin wachsen; die Schweiz belegt europaweit den 5. Platz, allerdings noch klar hinter den Top 4, mit den USA und China an der Spitze. Fünftens darf die Bevölkerung nicht im Stich gelassen werden, sondern muss über die Chancen und Risiken der Digitalisierung transparent informiert werden. Zu guter Letzt müssen wir die Schweiz im Ausland für unsere Innovation weiterhin stark positionieren und vermarkten, damit Firmen, Investoren und Talente die Schweiz priorisieren. Mit unseren digitalswitzerland Initiativen wollen wir genau diese sechs Punkte aufgreifen und mittragen. Dies gelingt uns in Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren und Partnern. Es braucht einen langen Atem, da man die Innovationskraft nicht von heute auf morgen verbessern kann. Allerdings sehen wir derzeit eine sehr gute Dynamik in der Schweiz; in Zürich sowieso, und sind zuversichtlich, dass sich die Situation in den kommenden Jahren noch weiter steigern wird.

Carmen Walker Späh: Auch in Bezug auf die Innovation befinden sich die Kantone, aber auch die einzelnen Unternehmen, in einem harten Wettbewerb. Wie kann dennoch ein «Wir-Gefühl» als Innovationsstandort Schweiz entstehen?

Nicolas Bürer: Ein Schlüsselfaktor für den Erfolg der Schweiz ist definitiv der interne Wettbewerb, sei es zwischen den Kantonen, Unternehmen oder akademischen Institutionen. Das ist unsere Stärke, auf die auch viele andere Länder neidisch blicken. Trotz alledem müssen gewisse Initiativen, wie beispielsweise das Projekt «SwissTech», schweizweit geführt werden. Es braucht solche Ankerprojekte, die alle Stakeholder an einen Tisch bringen. Ähnlich verhält es sich mit dem Digitaltag, der dieses Jahr in zehn Kantonen am gleichen Tag stattgefunden hat. Auch das Beispiel der Innovationsparks, die schweizweit etabliert sind, ist sehr vielversprechend. Schlussendlich werden wir das «Wir-Gefühl» der Schweiz weiter stärken, wenn sich alle Regionen individuell erfolgreich entwickeln und sich diesen Erfolg auch gegenseitig gönnen.

Angesichts der rasanten Veränderungen in der heutigen Welt ist es wichtig, durch lebenslanges Lernen mit den neuen Anforderungen Schritt zu halten – privat wie im Job. Trends wie Selbstmanagement und Selbstabsorption (in den sozialen Medien) widerspiegeln tiefgreifende gesellschaftliche Verlagerungen – weg von der kollektiven Verpflichtung hin zum individuellen Fokus. Bei wem liegt nun die Verantwortung für das lebenslange Lernen?

Einige Zahlen und Fakten

Es gibt in der Schweiz zirka 4,5 Millionen Beschäftigte, wobei die Arbeitsmarktbeteiligung der Frauen (59%) und der älteren Erwerbstätigen (76%) vergleichsweise hoch ist. Bei Schweizerinnen und Schweizern findet lebenslanges Lernen rege Befürwortung, wobei sich 62% aktiv an dieses Prinzip halten. Die Motivation zum Lernen kann beruflicher oder privater Natur sein, wobei erstere leicht überwiegt. Lebenslanges Lernen aus rein beruflichen Gründen ist für Männer erheblich häufiger ein Ziel als für Frauen.

Rollenverteilung

In der Schweiz drückt das Berufsbildungsgesetz (BBG) klare Unterstützung für die berufliche Weiterbildung durch lebenslanges Lernen aus und betont die Flexibilität des Schweizer Systems dank seiner Durchlässigkeit zwischen den Bildungsbereichen.

Schweizweit obliegt es den Kantonen, die Verteilung und die Durchführung der Berufsausbildung sicherzustellen. Doch auch private Unternehmen müssen massiv in lebenslanges Lernen investieren, und dies wird immer dringlicher erforderlich. Tatsächlich äussern bereits 69% der Schweizer Beschäftigten den Wunsch, dass ihr Arbeitgeber die Entwicklung von Fortbildungsmöglichkeiten regelt. Dies ist eine Erkenntnis der Adecco Future Skilling Study von 2018, aus der auch hervorging, dass nur 19% der Beschäftigten in letzter Zeit digitale Qualifikationen, jedoch 48% technische oder berufsspezifische Qualifikationen erworben haben. Schliesslich sehen sich 61% der Schweizer Beschäftigten selbst in der Verantwortung, neue Kompetenzen zu erwerben.

Voller Einsatz?

Laut einer Umfrage von Deloitte zeigt die Selbsteinschätzung der Schweizer Arbeitnehmer, dass sie ihre grösste Schwäche im Bereich der Hard Skills sehen. Nur 17% glauben, dass sie über fortgeschrittene IT-Kenntnisse verfügen, 23% über gute technische und 26% über gute sprachliche Fähigkeiten. Mehr als die Hälfte hingegen ist überzeugt, sie habe ausreichende Soft Skills in Bereichen wie Teamarbeit und Problemlösung, und sieht dort keinen Weiterbildungsbedarf, um die künftigen beruflichen Chancen zu wahren.

Doch wie realistisch sind solche Selbsteinschätzungen? In der Studie von Deloitte üben Personalfachleute direkte Kritik an dieser optimistischen Selbsteinschätzung zu Teamwork und Problemlösungsfähigkeiten. Viele Arbeitnehmer erkennen nicht, dass Weiterbildung notwendig ist, um im schnelllebigen, digitalisierten Umfeld von heute mitzuhalten, in dem bereits jetzt die traditionellen Arbeitsmodelle infrage gestellt werden.

Eine Frage der Verantwortung – Philosophie versus Realität

Die Verantwortung des Einzelnen war lange Gegenstand der philosophischen Debatte und ist auch beim Thema lebenslanges Lernen von höchster Relevanz. Laut Hans Lenk (Zeitschrift Philosophy Now) gibt es mindestens vier Dimensionen der Verantwortung:

  1. Verantwortung für Handlungen und ihre Folgen
  2. Aufgaben- und Rollenverantwortung
  3. Universelle moralische Verantwortung
  4. Rechtliche Verantwortung

Angewandt auf den individuellen Berufsweg oder auch auf die Bürger und Bürgerinnen, liegt die Bringschuld daher beim Einzelnen, etwa die Funktionsweise von E-Voting und Online-Banking zu verstehen oder sich zum lebenslangem Lernen zu verpflichten, um mehr zu leisten oder im Job weiterzukommen.

Tatsächlich scheint ein Konsens darüber zu bestehen, dass das lebenslange Lernen eine gemeinsame Verantwortung ist. Ein Unternehmen ist für die Mitarbeiterausbildung zuständig, während die Verantwortung für die Mitarbeiterentwicklung zwischen dem Management und den einzelnen Mitarbeitenden aufgeteilt ist. Das Management muss die richtigen Ressourcen und eine Umgebung bieten, in der die Wachstums- und Entwicklungsbedürfnisse der einzelnen Mitarbeitenden unterstützt werden.

Eine wertvolle Investition

Wenn die Mitarbeitenden die Möglichkeit erhalten, am Arbeitsplatz eine Weiterbildung sowie Zeit und die entsprechenden Mittel zu beantragen, dann ist dies für das Unternehmen mit finanziellem Aufwand verbunden. Doch dieser lohnt sich im Hinblick auf die Erhaltung der Kompetenzen und der Arbeitszufriedenheit der zukünftigen Beschäftigten ganz eindeutig.

Letztendlich ist der Einsatz für lebenslanges Lernen jeder einzelnen Person eine Investition, die sich auszahlt – sowohl auf individueller wie auch auf gesellschaftlicher Ebene.

Welche sind die zukünftigen Anforderungen für den Aufbau einer beruflichen Laufbahn? Was sind heute die Herausforderungen und Erfolgsfaktoren auf dem Arbeitsmarkt? Eine neue Studie von Lee Hecht Harrison (LHH) zeigt, dass Qualifikationen und kontinuierliche Weiterbildungen die wichtigsten Differenzierungsmerkmale auf dem Schweizer Arbeitsmarkt sind. LHH ist Weltmarktführer in den Bereichen Talent Development und Career Transition, und understützt jedes Jahr Tausende von Menschen bei ihrer beruflichen Neuorientierung. 55% der LHH-Kandidaten glauben, dass Weiterbildung für ihren langfristigen beruflichen Erfolg unerlässlich ist, während 85% der älteren Arbeitnehmenden eine Weiterbildung empfehlen würden, um die Arbeitsmarktfähigkeit zu erhalten.

Förderung zukünftiger Kompetenzen

Bei der Zukunft der Arbeit geht es vor allem um die Akkumulation von Kompetenzen. Unternehmen genauso wie Arbeitnehmende müssen eine kontinuierliche Aus- und Weiterbildung und Umschulungsmentalität nähren; um den zukünftigen Bedarf in Berufen mit hohem Fachkräftemangel zu decken und ein wettbewerbsfähiges Qualifikationsniveau halten zu können. Mit der Transformation des Arbeitsmarktes in eine stärker digital ausgerichtete Wirtschaft, muss die Lücke bei den digitalen Kompetenzen geschlossen werden, um Marktrelevanz und Beschäftigungsfähigkeit zu gewährleisten. Sehr viele der heutigen Berufe verändern sich stark oder drohen gar ganz zu verschwinden. Die rasante Geschwindigkeit der Digitalisierung führt bisweilen dazu, dass Kompetenzen und Fachkenntnisse schnell überholt sind.

Die aktive Förderung der Rahmenbedingungen für ein lebenslanges Lernen ist der Schlüssel zur Verringerung der Kluft zwischen Über- und Unterangebot an Qualifikationen. Darüber hinaus müssen sich alle Marktteilnehmenden wie Regierung, Unternehmen und politische Entscheidungsträger weiterhin auf einen funktionierenden sozialen Dialog konzentrieren; dazu gehört auch, darüber nachzudenken, wer für die entstehenden Kosten verantwortlich ist.

Kontinuierliches Lernen –bis über das Pensionsalter hinaus

Mit der zunehmenden Alterung der Schweizer Bevölkerung gewinnen alle Mitarbeitenden an Bedeutung. Die Integration älterer Arbeitnehmenden wird in Zukunft angesichts des Fachkräftemangels noch wichtiger werden. Auch weil ältere Arbeitnehmende grosses Potenzial, Motivation und wertvolle Fähigkeiten mitbringen. Obwohl andere Studien gezeigt haben, dass die Weiterbildungsbereitschaft mit zunehmendem Alter abnimmt, weist die LHH-Studie darauf hin, dass eine so einschneidende Erfahrung wie beispielsweise eine Entlassung diese Wahrnehmung deutlich verändern kann. Umso wichtiger ist es, in der eigenen Standortbestimmung proaktiv zu agieren. Die Notwendigkeit einer regelmässigen Überprüfung der eigenen Kompetenzen ist in der sich schnell verändernden Gegenwart des 21. Jahrhunderts unabdingbar.

Alternative Arbeitsformen als Katalysator nutzen

Die digitale Welt und die damit einhergehende neue wirtschaftliche Realität schafft Raum für neue und flexible Arbeitsweisen. 67% der Outplacement-Kandidaten von LHH empfehlen als Alternative zur Vollzeitbeschäftigung flexible Modelle, und mehr als ein Viertel (28%) aller Befragten empfiehlt die Möglichkeit der Selbständigkeit, um unabhängig vom Alter weiterhin am Berufsleben zu partizipieren. Fest steht, egal ob in Teilzeit, freiberuflich oder selbstständig: wir müssen uns den neuen Formen der Arbeit stellen und sie als die neue unumgängliche Realität behandeln.

Die Zukunft vorbereiten

Unternehmen spielen natürlich eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, für die Mitarbeitenden einen kontinuierlichen und soliden beruflichen Rahmen zu sichern. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass jeder Mensch der wichtigste Akteur in seinem eigenen Berufsleben ist: hauptverantwortlich für die Gestaltung und Stärkung seiner beruflichen Perspektiven.

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